Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

444 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
Entdeckungen entschieden wurde. HuGOo Gnorlvs (geb. 1583, gest. 1645) 
stellte demgegenüber 1609 den Grundsatz des „Mare liberum“ auf. Dem 
schlossen sich aber andere Völkerrechtslehrer nicht an. Sie verteidigten 
— je nachdem — den Anspruch Englands, Spaniens, Venedigs usw. auf 
Beherrschung des Meeres oder bestimmter Teile des Meeres. England 
leistete der Anerkennung des „mare liberum“ nachdrücklich Widerstand 
und beanspruchte u. a. auf Grund seines angeblichen Hoheitsrechts von 
allen fremden Schiffen für seine Kriegsschiffe den Gruß („Salut“) ohne 
Bewilligung des Gegengrußes. Erst im Laufe der zweiten Hälfte des 
18. Jahrhunderts gelangte der Grundsatz, daß das offene Meer von jeder 
staatlichen Hoheit frei ist, zur Geltung. Er gilt nur für das offene Meer. 
Die Küstengewässer unterstehen der Herrschaft des Küstenstaats, und 
zwar nimmt man im allgemeinen drei Seemeilen von der Küste aus als 
Hoheitsgewässer an, wenngleich die Anschauungen darüber auseinander- 
geben. Auch die Fluhmündungen, die Haffe, die Buchten bis zu 10 See- 
meilen Breite gelten als Hoheitsgewässer, weiterhin die Binnenmeere, 
wenn sie rings von dem Gebiete eines Staates umschlossen sind, und 
wenn ihr Zugang von diesem Staate vollkommen beherrscht wird 
(„Eigentumsmeere"). 
Enge Seestraßen (Meerengen), die von Küsten desselben Staates 
begrenzt sind (z. B. die Dardanellen und der Bosporus), werden als 
Hoheitsgewässer angesehen. Bei Meerengen, die von Küsten verschiedener 
Staaten begrenzt sind, ist meist jetzt die Freiheit anerkannt, wenn auch 
früher dieserhalb oft Schwierigkeiten entstanden sind. 
Die Gestaltung des Seevölkerrechts ist im übrigen noch keineswegs 
in vollem Einklange mit den heutigen Anschauungen, da insbesondere 
der Schutz des Sonder-(Privatl)Eigentums zur See in Kriegszeiten nur 
unzulänglich ist. Eine nähere Behandlung des Seevölkerrechts liegt außer- 
halb des Rahmens dieser Darstellung. Das wesentlichste daraus habe 
ich im Wörterbuch der Volkswirtschaft, 3. Aufl., Bd. 2, S. 765 ff., 
Jena 1911. dargestellt. Hierauf sei verwiesen. 
Von den weiteren Aufgaben der öffentlichen Gewalt in bezug auf 
den Seeverkehr berühren verschiedene so unmittelbar die Handelspolitik, 
daß sie in dem Bande „Handel und Handelspolitik“ dieses Hand- und 
Lehrbuchs (2. Aufl., 1907) bereits behandelt sind, wie die Frage der 
Freibäfen, die Förderung der Leistungsfähigkeit der Handelsflotte, die 
Schiffahrtsschutzpolitik (durch Ausschliebung fremder Schiffahrt und 
durch Unterscheidungsabgaben), die Schiffahrtsverträge. Die Förderung 
bestimmter Postdampferlinien wird in disem Bande beim Postwesen 
erörtert werden. 
An dieser Stelle sind nur folgende Punkte zu berühren. 
Die Benutzung der Seehäfen erfordert eingehende polizeiliche Vor- 
schriften. Sie Kkönnen ausgehen von den höheren oder niederen Staats-
	        
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