Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

32 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
treten nämlich gerade infolge der Vervollkommnung des Verkehrswesens 
auch Zeit- und Menschenverluste ein. Die Zeitverluste entstehen durch 
den Aufenthalt an den Ubergängen über die Eisenbahnen und durch 
die Beförderung der arbeitenden und leitenden Personen von ihren Wobn-- 
stätten zu ihren Arbeitsplätzen, die beide nicht selten weit auseinander 
liegen. Dieser Verlust darf nicht üherschätzt werden. Der Zeitverlust 
an Obergängen macht sich in nennenswertem Maße nur an den Kreu- 
zungen geltend, die unmittelbar in Schienenhöhe die Verkehrsstraben durch- 
schneiden. Die darin liegende Störung kann an Punkten mit besonders 
starkem Strahenverkehr recht lästig sein, kann aber viellach durch 
schnellere Bewegung wieder eingebracht werden; überdies sind solche 
Kreuzungen keine notwendige Eigentümlichkeit der Eisenbahnen, und 
die neuere Bauweise sucht sie möglichst zu vermeiden. Der Zeitverlust 
bei den täglichen Fahrten der arbeitenden und leitenden Personen von 
ihren Wohnstätten zu ihren Arbeitsplätzen wird häufig aufgewogen 
durch die größere Arbeitsfrische, die das erst bei leistungsfähigen Verkehrs- 
mitteln mögliche Wohnen in gesunden Auhbenbezirken zur Folge hat. 
Anders ist es nur, wenn die zurückzulegenden Fabrten durch ihre Dauer, 
durch Hnze, Staub usw. ermüdend wirken. Durch gute Ordnung des 
Orts- und Nahverkehrs lassen sich diese Zeitverluste sehr vermindern. 
Die unmittelbaren Menschenverluste, die bei den neuzeitlichen Ver- 
kehrsmitteln durch Unfälle u. dgl. entstehen, sind für die Volkswirt- 
schaft im ganzen nicht von besonderer Bedeutung, so sehr sie auch zu 
beklagen sind. Sie so viel als möglich zu vermindern, ist Gegenstand 
ständiger Sorge aller beteiligten Verkehrsverwaltungen und aller Werke 
zur Herstellung der Verkehrsfahrzeuge. 
Mittelbare Menschenverluste oder Beeinträchtigungen der Arbeits- 
kraft können dadurch entstehen, daß die Verkehrsmittel, die gröbere 
Personenmengen auf einmal befördern, namentlich die Eisenbahnen, 
Ansteckungsstoffe verbreiten und dadurch Gesundheit und Leben eines 
Teiles der Bevölkerung gefährden. Sie ermöglichen es aber auch den 
Menschen, schneller aus den von Ansteckungsgefahren bedrohten Gegenden 
in gesündere Bezirke zu flüchten. Die Ansteckungsgefahr selbst läht 
sich durch sorgfältige Lüftung und Reinigung der Wagen wesentlich 
vermindern. Dazu kommt, daß gefährdeten Arbeitskräften und erkrankten 
oder verunglückten Menschen überhaupt heute durch Eisenbahnen, durch 
innerstädtische Bahnanlagen, durch Kraftwagen, Fahrräder usw. schneller 
wirksame Hilfe gebracht werden kann als sonst; das rettet manches be- 
drohte Menschenleben. 
Im ganzen mußh auch bei Berücksichtigung dieser Gegenposten 
noch ein so bedeutender Gewinn übrig bleiben, dabß der Volkswirtschaft 
eine erheblich größere Menge von Arbeitskraft für die gütererzeugende 
Tätigkeit durch das verbesserte Verkehrswesen freigemacht wird. Durch
	        
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