Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

1. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 447 
den einzelnen Staaten durch besondere Vorschriften zur Geltung gebracht 
sind. Die in diesen und vielen anderen Dingen nötige Verständigung 
zwischen den Schiffen auf hoher See unter sich und mit den Signal- 
stationen am Lande ist durch das internationale Signalbuch gesichert, 
das Ende der 50 er Jahre von England und Frankreich eingeführt 
und später von allen seefahrenden Ländern angenommen worden ist. 
Besondere Aufmerksamkeit ist weiterhin der Behandlung und Unter- 
suchung der Seeunfälle gewidmet, worüber in Deutschland ein besonderes 
Gesetz (vom 27. Juli 1877) und eine Reihe von Verordnungen ergangen 
und wofür in den Seeämtern und dem Oberseeamt besondere Behörden 
in Anlehnung an das englische Vorbild geschaffen sind. 
Eine besondere Gruppe von Seeunfällen sind die Strandungen. Im 
Mittelalter bestand ein barbarisches „Strandrecht“, nach welchem sich 
der Staat oder die Uferanwohner die schiffbrüchigen Güter aneignen 
durften. Dieses „Strandrecht“ ist in allen vorgeschrittenen Staaten ab- 
geschafft, und durch die Schiffahrts- und Konsularverträge haben sich 
die Staaten gegenseitig eine menschliche und gerechte Behandlung der 
Schiffbrüchigen und der gestrandeten Güter zugesichert. In Deutsch- 
land kommen bierfür die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs und der 
Strandungsordnung vom 17. Mai 1874 in Betracht (geändert durch Gesetz 
vom 30. Dezember 1901). Die zuständigen Behörden — Strandümter 
und Strandvögte — sind in Deutschland einzelstaatliche Behörden. 
Die Schiffe der Handelsflotte werden in den seefahrenden Staaten 
in besondere Schiffsverzeichnisse („Schiffsregister“) eingetragen. Diese 
Eintragung dient als Grundlage für die Urkunden, die zum Ausweise 
der Schiffe, insbesondere zur Feststellung ihrer Staatszugehörigkeit, er- 
forderlich sind. In Deutschland ist — wiederum in Anlehnung an das 
englische Vorbild — im Handelsgesetzbuch und in dem Gesetz über 
Nationalität der Kauffahrteischiffe vom 25. Oktober 1867 (ergänzt 1873 
und 1888), sowie in dem Gesetz über das Flaggenrecht der Kauffartei- 
schiffe vom 22. Juni 1899 (geändert 29. Mai 1901) eine Regelung da- 
rüber gegeben. Nur ein Schiff, das in das Schiffsverzeichnis eingetragen 
und mit einer Bescheinigung über die Eintragung versehen ist, darf die 
Reichsflagge führen. Die Eintragung erstreckt sich u. a. auf Namen, 
Gattung, Größe, Tragfähigkeit, Heimathafen, Erbauungsort und Erbau- 
ungszeit des Schiffes. Die Schiffsverzeichnisse werden in Deutschland 
von einzelstaatlichen Behörden (in Preuben von den Amtsgerichten) geführt. 
Die Tragfähigkeit und der Tonnengehalt wird überall durch be- 
sondere Schiffsvermessungsbehörden nach einem von vielen Staaten an- 
genommenen Vermessungsverfahren festgestellt. Uber die erfolgte Ver- 
messung wird ein „Mehbbrief" ausgestellt. Die Aufsicht über das Schiffs- 
vermessungswesen führt in Deutschland das Schiffsvermessungsamt zu 
Berlin, eine seit 1. August 1888 bestehende Reichsbehörde.
	        
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