4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 4533
anderen Staaten, soweit nicht das gemeinsame Indigenat aller deutschen
Reichsangebörigen Abweichungen bewirkt. Die Führung der schwarz-
weibß-roten Reichshandelsflagge steht allen Binnenschiffen zu. Für die
Schiffseichung besteht zwar keine reichsgesetzliche Einheit, aber die
frühere Ungleichheit ist neuerdings sehr eingeschränkt worden. Infolge
der Ubereinkunft mit Belgien, Frankreich und den Niederlanden vom
4. Februar 1898 wegen gegenseitiger Anerkennung der Eichscheine haben
sich die beteiligten Staaten auch über die wichtigsten Eichungsgrund-
Sätze geeinigt, und darauf sind in den beteiligten Staaten überein-
stimmende Eichordnungen für Rheinschiffe ergangen. Für die Elb--
schiffe haben Deutschland und OÖsterreich auf Grund besonderer Ver-
einbarung übereinstimmende Eichordnungen erlassen, und ihre Regeln
sind später auf die Wasserstraßen in Preußen (ohne den Rhein und
seine Nebenflüsse), in Braunschweig, Lippe, Bremen, Lübeck, Mecklen-
burg-Schwerin und Strelitz übertragen worden, sodaß für wichtige
Teile des deutschen Gebietes jetzt einheitliche Grundsätze gelten.
Aus dem gesagten ergibt sich schon, dab bei Strömen, die sich
über die Gebiete mehrerer Staaten erstrecken, internationale Verein-
barungen nötig sind, um eine gewisse Einheitlichkeit der Vorschriften
herbeizuführen und einen möglichst uneingeschränkten Schiffahrtsver-
kehr zu ermöglichen. Dieses Bedürfnis macht sich auch bei anderen
als den erwähnten Punkten geltend, und ihm sind die neueren Schiff-
fahrtsordnungen entsprungen, die von den beteiligten Staaten für die
einzelnen Stromgebiete vereinbart sind, für das Rhein-, Elbe-, Weser.,
Donaugebiet und den Bodensee.
Was die Schaffung des Netzes der Binnenwasserstraßen anlangt,
so ist hier zunächst zu scheiden zwischen der Verbesserung natürlicher
und der Herstellung künstlicher Wasserstraßen. Die schiffbaren natür-
lichen Wasserstraßen sind, wie schon erwähnt, Staatseigentum. Der
Staat hat als Eigentümer dieser wichtigen Wege des öffentlichen Ver-
kehrs die Pflicht, sie in einem verkehrsfähigen Zustande zu erhalten.
Ob er die nötigen Arbeiten durch eigene Behörden ausführen oder sie
anderen Stellen übertragen will, ist freilich eine Frage der jeweiligen
besonderen Verhältnisse; aber daß der Staat aus dem in Anspruch
genommenen Eigentumsrecht auch die Verantwortlichkeit für den brauch-
baren Zustand dieser öffentlichen Verkehrswege ableiten muß, kann
nicht in Zweifel gezogen werden. In England hat sich der Staat frei-
lich auch hier der eigenen Betätigung enthalten und statt dessen Privat-
gesellschaften genehmigt, die gegen das Recht zur Erhebung von Flul-
zöllen die Pflicht zur Regulierung des Stromes übernahmen. Indes
dürfte sich für die Festlandstaaten, bei denen andere Auffassungen über
den wirtschaftlichen Beruf des Staates bestehen, ein solches Vorgehen
von selbst verbieten. Zudem hat es den Nachteil, dabß es von dem Vor-