4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 469
ist bei den staatlichen und Kkommunalen Kanälen für die Befahrungs-
abgaben die Grenze der vollen Eigenkostendeckung vorgesehen, wobei
aber nicht lediglich die Kosten des in Frage kommenden einzelnen
Kanals mabgebend sind, sondern die „Gesamtkosten für eine Wasser-
strabe, ein Stromgebiet oder ein Wasserstrabennetz“ zugrunde gelegt
werden können. Dieselbe Grenze ist auch bei den Kanalbauten vor-
geschen, die durch das preußische Wasserstrabengesetz vom 1. April 1905
angeordnet sind. Da die Befahrungsabgaben bisher schon auf deutschen
Staatskanälen zulässig waren, finden sie sich auf vielen deutschen
Kanalstrecken und bewegen sich zur Zeit zwischen 0,05 und 1 Pf.
für 1 tkm.
Die eben für Kanäle entwickelten Grundsätze auf regulierte und
kanalisierte Flußstrecken zu übertragen, erscheint heutzutage gerecht-
fertigt, da auch die Regulierungs- und Kanalisierungskosten jetzt so
großbe Summen erfordern, daß man sie aus den oben erörterten Gründen
nicht brach liegen lassen kann. Früher war es berechtigt, für die regu-
lierten Ströme eine andere Behandlung zu befürworten, da die Regu-
lierungsarbeiten bei den damaligen Verkehrsanforderungen nur in beschei-
denen Grenzen blieben. Davon kann jetzt keine Rede mehr sein. Bei
kanalisierten Flüssen vollends ist die Annäherung an die Verbältnisse
der Kanäle noch augenfälliger. Die Aufgaben, die in bezug auf Regu-
lierung und Kanalisierung der Flüsse und Ströme in Staaten von starker
wirtschaftlicher Entwickelung erwachsen, sind so kostspielig und umfang-
reich, dah man sie ohne Gefährdung oder bedenkliche Verzögerung
nicht lediglich auf die Deckung aus allgemeinen Steuern verweisen
kann. Man kann gewiß den Verkehrsbeteiligten darin beitreten, daß es
in vielen Beziehungen erwünschter wäre, wenn die in langer Entwicke-
lung erreichte Abgabenfreiheit der Strombefahrung beibehalten werden
könnte. Aber die gebotene Weiterentwickelung der Grundlagen des
großen Flußverkehrs zu sichern, ist so wichtig, daßb der Standpunkt der
grundsätzlichen allgemeinen Abgabenfreiheit der Strombefahrung nicht
mehr aufrecht erhalten werden kann. Dabei wird selbstverständlich auf
die Bedürfnisse des Verkehrs jede nur mögliche Rücksicht genommen
werden müssen. An eine solche Häufung von Störungen und Belästi-
gungen, wie sie zugunsten der Abgabenerhebung auf den deutschen und
anderen Strömen bis in das 19. Jahrhundert binein bestand, ist jetzt
nicht mehr zu denken. Gerade die Gegenwehr gegen die Mihstände
aus der früheren Häufung der — oft ohne jede Gegenleistung ein-
geforderten — Flußzölle hat deren Beseitigung nicht zum kleinsten Teile
befördert. Wenn jetizt wieder Befahrungsabgaben zur Einführung
gelangen, so müssen sie ihren Ausgleich in der weiteren Steigerung der
Leistungsfühigkeit der natürlichen Wasserstraben finden; zur Deckung
der früheren Aufwendungen für die Ströme können sie natürlich nicht