490 V. Abschnitt. Der Luftverkehr.
Auftrieb braucht jedes Luftfahrzeug; aber die Art, ihn zu erzeugen,
kann verschieden sein. Das Vorbild der Schiffahrt legt den Gedanken
nahe, Hoblkörper herzustellen, die mit ihrem Inhalte und ihrer Belastung
im ganzen ein geringeres spezifisches Gewicht haben als die Luft, also
weniger wiegen als die von ihnen verdrängte Luft. Ein solcher Körper
muß in den Luftraum aufsteigen und in ihm schwimmen. Da ein
Kubikmeter Luft bei 0 Grad Celsius in Meereshöhe 1,293 kg wiegt,
80 sind alle Hohlkörper in der Luft schwimmfähig, die dieses Gewicht
nicht erreichen. Der Stoff, aus dem solche Hohlkörper bergestellt
werden können, ist steis schwerer als die Luft. Um den Hohlkörper
im ganzen trotzdem leichter zu machen als die Luft, muß er entweder
luftleer oder mit einer hinreichend verdünnten Luft oder einem Case
gefüllt sein, das weit genug unter dem Luftgewichte bleibt. Nur
der letzte Weg hat sich als ausreichend erwiesen, obwohl noch neuer-
dings in Fachkreisen die Verwendung luftleerer Hohlkörper erörtert
worden ist. Sie würde an sich die höchste erreichbare Auktriebs-
kraft ermöglichen. Was der Durchführung dieses Gedankens entgegen-
steht, ist vor allem die Schwierigkeit, die Hülle eines solchen Hobl-
körpers genügend widerstandsfähig gegen den Druck der umgeben-
den Luft zu machen, ohne das Gewicht so zu erhöhen, daß die Auf-
triebskraft des Hohlkörpers dadurch aufgehoben wird. In Fachkreisen
überwiegt bis jetzt die Anschauung, daß dies nicht möglich ist. Die
Verwendung erbitzter und dadurch verdünnter Luft ist für längere In-
anspruchnahme des Fabrzeuges nicht geeignet, weil ohne besondere
Erwärmungsvorrichtung die Abkühlung nicht verhindert werden kann.
und weil die Anbringung einer Feuerungseinrichtung zur Erneuerung
der Lufterwärmung mit erheblichen Gefahren verbunden ist, ohne die
Mitnahme von Brennstoffen für längere Fahrten zu ermöglichen. Uber-
dies ist die Gewichtsverminderung der Luft durch Erwärmung nicht
sehr erheblich. Auch bei 100 Grad Celsius wiegt der Kubikmeter Luft
noch rund 0,95 kg. Ein damit gefüllter Ballon hat also nur 0,343 kg
Auftrieb auf 1 chm, also nur eine geringe Tragkraft im Verhältnis zur
Größe des Tragkörpers. Nach oben wäre die Steigkraft dadurch
begrenzt, daß in 2500 m Höhe die erwärmte Luft des Tragkörpers
obenso schwer ist, wie die umgebende Luft. Die Benutzung ander-
weitig verdünnter Luft würde eine zu geringe Auftriebskraft ergeben.
Tatsächlich herrscht deshalb die Gasfüllung. Das Wasserstoffgas, von
HENR„ CAVIENDH 1766 entdeckt, wiegt nur 0,0896 kg für 1 chm in
chemisch reinem Zustande, gibt also eine Auftriebskraft von rund 1,2 kg
für 1 chm, und auch bei unreiner Beschaffenheit bleibt noch eine 8so
große Auftriebskraft, daß dieses Gas von erheblicher Bedeutung für den
Luftverkehr geworden ist. Auch Wassergas, 1730 von FoJTATNA erfunden,
und Steinkohlengas (Leuchtgas), 1727 und 1739 von HALES und CrAr#tos-