492 V. Abschnitt. Der Luftverkehr.
½ einer Pferdestärke geschätzt. Mit einer so geringen Kraft könnte der
Mensch sich selbst und sein Flugzeug nur dann in der Luft schwebend
erhalten, wenn er Tragflächen von sehr grober Ausdehnung benutzen
könnte. Es bedarf also für die Flugzeuge stets kräftiger Triebkraft-
maschinen („Motoren“), um unmittelbar oder mittelbar den Auftrieb zu
erzeugen. Für die Eigenbewegung des Flugzeugs, die erst die Lenk-
barkeit ermöglicht, sind ebenfalls Triebkraftmaschinen unentbebrlich.
Aus dem letzterwähnten Grunde bedürfen auch die Luftschiffe der
Triebkraftmaschinen, während sie für den Auftrieb hier nicht in Frage
kommen.
Hiernach spielt für die Ausbildung der lenkbaren Luftschiffe und
Flugzeuge die Frage der Triebkraftmaschinen eine besondere und ent-
scheidende Rolle. Die Maschinen, die dem Luftverkehr dienen sollen,
müssen erklärlicherweise möglichst geringes Gewicht mit starker Kraft
und Zuverlässigkeit und mit geringem Betriebsstoffverbrauch verbinden.
Die Zuverlässigkeit hat wegen der groben Gefahren des Luftverkehrs
eine ganz besondere Bedeutung. Die Kraft muß groß sein, weil grohe
Leistungen von den Maschinen verlangt werden. Die Gewichtsminde-
rung der Maschine und der mitzunehmenden Betriebsstoffvorräte ist
unentbehrlich, weil nur dadurch die Leistung des Fahrzeugs nach Nutz-
last und Dauer der Arbeit bis zur wirklichen Verwendbarkeit für Ver-
kehrszwecke gesteigert werden kann. Es ist nicht leicht, diese einander
zum Teil entgegenstehenden Anforderungen zu befriedigen. Die Dampf-
kraft hat sich trotz ihrer groben Anpassungsfähigkeit an die verschieden--
sten Bedürfnisse hier nicht verwenden lassen. Man hatte freilich auch
bei der Dampfverwendung das Gewicht zu vermindern gelernt. In den
50 er Jahren des 19. Jahrhunderts galt ein Gesamtgewicht von einigen
50 —75 kg für die Dampfpferdekraft schon als gering. HENRI GieFARD
hatte 1880 für das von ihm entworfene Luftfahrzeug eine Dampf-
maschine von 3 Pkferdestärken verwendet, die mit Kessel 159 kg, also
etwas Über 50 kg für die Pferdestärke wog. In den 80 Jahren hatte man
bei den Versuchen, Flugzeuge zu erbauen, schon Dampfmaschinen, die ein
Gewicht von nur 10—12 kg für die Pferdestärke hatten. Der Motorflieger
„Avion III“ von Ankn (1897) hatte eine Dampfmaschine von 30 Pferde-
stärken mit nur 3¼1 kg Gewicht (einschlieblich Kessel und Verdichter)
für die Pferdestärke. Noch weiter war HMa### MAKM gekommen. Er
benutzte bei seiner groben Flugmaschine im Anfange der 90 er Jabhre
eine Dampfmaschine von 360 Pferdesträrken mit einem Gewicht (ein-
schlieblich Dampfkessel) von 650 kg, also etwa 2 kg für die Pferde.
stärke. Wenn gleichwohl die Dampfkraft für den Luftverkehr nicht in
Betracht gezogen wird, so liegt das — abgesehen von der Gefährlichkeit
der Dampfmaschinen unter dem gasgefüllten Luftkörper — wesentlich
an der großen Belastung der Fahrzeuge mit Heizstoff und Wasser; sie