2. Kapitel. Die Entwickelung des Luftverkehrs. 497
unter dessen unteres Ende, wobei natürlich das Netz um den ganzen
Ballon gelegt und der Ring verkleinert werden mußte. Für die Gondel
führte LuNARDL die jetzt noch für Kugelballons übliche Korbform ein.
Der Anker wurde neuerdings fast allgemein aufgegeben, da er durch die
Reihbahn und das Schlepptau entbehrlich geworden ist. Die 1844 von
dem amerikanischen Luftschiffer Wis erfundene Reißbbahn ist ein
Streifen von etwa 1/ m Breite und 12 m Länge, der mit Hilfe einer
Leine von der Ballonhülle weggerissen wird, wenn die schnelle Ent-
leerung des Gases nötig ist. Das ist bei der Landung nötig, um zu ver-
hindern, dab die Gondel eine längere Strecke geschleift wird, was zu
besorgen wäre, wenn das Gas im Augenblick der Landung nicht schnell
genug entleert wird. Das Schlepptau, Anfang der 20er Jahre des vorigen
Jahrhunderts von GaEEN zuerst verwendet, ist am Ring befestigt, und
zwar an der Seite, auf der sich die Reißbahn befindet. Durch die
Reibung des Taues auf dem Erdboden wird die Drehung des Ballons
verhindert, sodaß die Reihbahn nach hinten geöffnet werden kann.
Für die Ballonhüllen werden jetzt meist seidene oder baumwollene
Stoffe verwendet, die durch Anstrich von Olfirnis oder durch Aufwalzen
einer dünnen Lage von Paragummi gedichtet werden. Andere Dichtungs-
mittel haben sich nicht durchsetzen können. Als Hüllenstoff werden
namentlich im englischen Heere Goldschlägerhäute (tierische Därme)
benutzt, weil sie sehr dicht sind, wenn sie gut eingefettet in mehreren
Lagen übereinandergeklebt sind, und weil sie wegen ihrer Leichtigkeit
kleinere Ballonausmessungen gestatten. Das erleichtert die Gasversorgung,
was im Kriege sehr wichtig sein kann. Der hohe Preis dieses Stoffes
verhindert aber seine allgemeine Verwendung.
Als Füllgas werden außer Wasserstoffgas, wie erwähnt, auch
Wassergas und Steinkohlen-(Leucht) Gas verwendet. Für Heeres-
zwecke bat sich die Nachführung von Gas in Stahlbehältern als zweck-
mäbig erwiesen; sie ist in den meisten Heeresverwaltungen, zuerst in
der englischen, üblich geworden.
Die freifliegenden Kugelballons dienen allen Zwecken, bei denen
eine Fortbewegung in der Luft nötig ist. Sie zeichnen sich dabei durch
die Ruhe der Fahrt aus, da sie mit dem Winde fliegen und dessen
Geschwindigkeit annehmen. Für Beobachtungszwecke, die von einer
bestimmten Stelle aus vorzunehmen sind, ist der Kugelballon nicht
zweckmäbßig, da er hierzu an ein Kabel gefesselt werden mubß und durch
den Wind in lebbafte Bewegung versetzt wird, die sich den Gondel-
insassen sehr unangenehm fühlbar macht. Um diese Schwankungen
zu vermindern, ist von v. SIGSFELD und v. PAESEVAL der Drachen-
ballon erdacht worden, nachdem schon in den 40 er Jahren des 19. Jahr-
hunderts AncHlBALD DoULLAS einen ähnlichen Gedanken ausgesprochen
hatte. Der Drachenballon hat eine längliche Form und steht bei der
VaAN DEER BonRGET, Verkehrswesen. 2. Aufl. 32