Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Bedeutung des Luftverkehrs. 525 
fahrzeug von seiner Eigengeschwindigkeit vollen Vorteil haben soll, dann 
muß es nach dem eingangs ausgeführten in unbewegter Luft oder mit 
dem Winde fahren; in letzterem Falle gewinnt es noch die Wind.- 
geschwindigkeit dazu. Wird das Fahrzeug von Seitenwind getroffen, 
so muß es einen Teil seiner eigenen Kraftleistung statt zur Erzeugung 
der Geschwindigkeit benutzen, um die Abdrängung aus der Fahrt- 
richtung zu überwinden. Trifft es auf Gegenwind, so muh es einen 
Teil seiner eigenen Kraft opfern, um die Rückdrängung durch den 
Gegenwind zu besiegen; es verliert also wiederum an Geschwindigkeit, und 
zwar um 8o mehr, je näher die Geschwindigkeit des Gegenwindes der 
Eigengeschwindigkeit des Fahrzeugs kommt. Sind beide Geschwindig- 
keiten gleich groß, oder ist die Geschwindigkeit des Gegenwindes stärker 
als die Eigengeschwindigkeit des Fahrzeugs, so bleibt für die Vorwärts- 
bewegung überhaupt keine Kraft mehr übrig, wenn es nicht gelingt, 
durch Wechsel der Höhenlage in günstigere Windverhältnisse zu kommen. 
Der Spielraum zur Fortbewegung in der gewollten Richtung ist also 
um 80 gröber, je stärker die durch die Kraftmaschinen des Fahrzeugs 
erzeugte Eigengeschwindigkeit ist. Darin sind große Fortschritte gemacht 
worden, wie gezeigt. Aber die Eigengeschwindigkeiten von 21 /Sek. bei Luft- 
schiffen und von 35 und fast 47 /sek. bei Flugzeugen sind bis jetzt nur 
Ausnahmen. Für die Mebrzahl der Fahrzeuge muß man mit viel weniger 
rechnen, namenthch bei Luftschiffen. Die Mehrzabl der vorbandenen 
Luftschiffe kann bei einer Windgeschwindigkeit von 15 m/sek. (Wind- 
stärke 8) überbaupt nicht mehr und bei Windgeschwindigkeiten von 
10—15 m nur sehr langsam gegen den Wind vordringen. Das ist für 
die gemäbigten Breiten nicht günstig und nicht ausreichend. Die um- 
fassenden Beobachtungen der von AssMAXNN geleiteten Luftwarte zu 
Lindenberg (Kreis Beeskow) ergeben, daß die Stärke des Bodenwindes 
in den höheren Luftschichten bedeutend übertroffen, in 500 m Höhe 
bei den überwiegend herrschenden Wetterlagen schon mehr als ver- 
doppelt wird, dann allerdings langsamer ansteigt. Dazu kommt, dab in 
den Luftschichten oberbalb 500 m durch die starken Wolkenbildungen 
die Bedingungen für die Fahrt ungünstiger werden. Damit sind der 
Höhenlage für die Luftschiffahrt Grenzen gezogen. Am vorteilhaftesten 
ist die Fahrt in Bodennähe. 
Die Innehaltung der Bodennähe wird für Luftschiffe allerdings 
ohnehin dadurch nahegelegt, daß durch die Erhebung in größere Höhen- 
lagen die Tragkraft vermindert wird. Bei einem Luftschiff von der 
Größe der „Schwaben“, deren Gesamttragkraft einschlieblich der Nutz- 
last 21 000 kg in Meereshöhe beträgt, vermindert sich die Tragkraft 
durch Erhebung auf 80 m über Meereshöhe schon um rund 200 kg. 
Nach den Lindenberger Feststellungen kann, wie auch HILDEBRANXDT 
(Luftschiffabrt, 2. Aufl., München-Berlin 1910, S. 51) anerkennt, ein
	        
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