10 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen.
biete zur Hilfeleistung aufrufen, kann selbst die schon in Bewegung
befindlichen Waren in eine andere Richtung lenken und bei dem heutigen
schnellen Warenverkehr rasch die nötigen! Vorräte heranschaffen lassen
und dadurch den eingetretenen Mangel an Angebot in kurzer Frist
unschädlich machen oder seine nachteiligen Wirkungen abschwächen.
Auch örtliche Preisverschiedenbeiten werden vermindert. Die Waren
aus den Gebieten mangelnden Absatzes in die größberer Nachfrage zu
leiten, gelingt mit Hilfe des beutigen Nachrichten- und Güterverkehrs
so gut, dabß die Preisbildung der Waren des groben Verkehrs den rein
örtlichen Einflüssen immer mehr entrückt wird. Sie ganz auszuschlieben,
ist freilich noch nicht geglückt. Die günstigere oder ungünstigere Lage
des Platzes zu den leistungsfähigsten Verkehrswegen, die Verbrauchs-
gewohnbeiten, die Zahlungsfähigkeit, die Eigenart der Bevölkerung, die
Gestaltung des Kleinhandels und seine geschäftliche Schulung und Reg-
samkeit, die Zoll- und Steuerverschiedenheiten und dergleichen mehr
wirken dabin, dabß die Preise nicht vollständig ausgeglichen sind. Aber
es kann doch nicht übersehen werden, dalß bei einer ganzen Reihe von
Waren des groben Verkehrs die örtiichen Preisverschiedenheiten in der
Hauptsache nur noch auf die Frachtunterschiede beschränkt sind. Bei
Waren, deren Absatzgebiet die ganze Wielt ist, wird in mabßgebender
Weise die Preisbewegung jetzt von den Verhältnissen des Weltmarktes
beeinflußt. Wir können heute bei vielen Dingen mit Recht von „Welt-
marktpreisent reden; Weltmarktpreise sctzen aber eine weitgehende
internationale Preisausgleichung voraus und sind erst möglich im Zeit-
alter der Dampfschiffe, der Eisenbahnen und des elektrischen Nachrichten-
schnellverkehrs.
Schon in dem gesagten liegt, dal# eine regelmäßigere und sicherere
Bedarfsversorgung der Bevölkerung durch das neue Verkehrswesen er-
möglicht wird. Man muh aber sofort binzusetzen: auch eine vielseitigere.
Zu keiner Zeit stand dem einzelnen Menschen eine solche Mannigkaltig-
keit von Gebrauchsgegenständen jeder Art zur Verfügung wie jetzt, und
auch der weniger mit irdischen Gütern gesegnete genießt zahlreiche
Dinge, die nur ein so hochentwickeltes Verkehrswesen in seinen Ver-
fügungsbereich zu erschwinglichen Preisen bringen konnte. Der beutige
Mensch ist in dieser Beziehung so verwöhnt, daß er sich der Tatsache
kaum bewubßt wird. Wer aber nur einmal versucht hat, sich klar zu
machen, welche Unsumme von Verkehrsleistungen nötig ist, um ihm die
tagtäglich gewohnheitsmäßig und achtlos gebrauchten Dinge zu ver-
schaffen, und wer nur einmal damit den beschränkten Warenkreis ver-
glichen bat, der im deutschen Mittelalter der Bedürfnisbefriedigung auch
der Reichen zu Gebote stand, der wird begreifen, dal gerade das neue
Verkehrswesen im ganzen das Leben des Menschen reizvoller gestaltet hat.
Die Erzeugnisse der ganzen Welt sind es, die heute in den vorgeschrittenen