Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

10 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
biete zur Hilfeleistung aufrufen, kann selbst die schon in Bewegung 
befindlichen Waren in eine andere Richtung lenken und bei dem heutigen 
schnellen Warenverkehr rasch die nötigen! Vorräte heranschaffen lassen 
und dadurch den eingetretenen Mangel an Angebot in kurzer Frist 
unschädlich machen oder seine nachteiligen Wirkungen abschwächen. 
Auch örtliche Preisverschiedenbeiten werden vermindert. Die Waren 
aus den Gebieten mangelnden Absatzes in die größberer Nachfrage zu 
leiten, gelingt mit Hilfe des beutigen Nachrichten- und Güterverkehrs 
so gut, dabß die Preisbildung der Waren des groben Verkehrs den rein 
örtlichen Einflüssen immer mehr entrückt wird. Sie ganz auszuschlieben, 
ist freilich noch nicht geglückt. Die günstigere oder ungünstigere Lage 
des Platzes zu den leistungsfähigsten Verkehrswegen, die Verbrauchs- 
gewohnbeiten, die Zahlungsfähigkeit, die Eigenart der Bevölkerung, die 
Gestaltung des Kleinhandels und seine geschäftliche Schulung und Reg- 
samkeit, die Zoll- und Steuerverschiedenheiten und dergleichen mehr 
wirken dabin, dabß die Preise nicht vollständig ausgeglichen sind. Aber 
es kann doch nicht übersehen werden, dalß bei einer ganzen Reihe von 
Waren des groben Verkehrs die örtiichen Preisverschiedenheiten in der 
Hauptsache nur noch auf die Frachtunterschiede beschränkt sind. Bei 
Waren, deren Absatzgebiet die ganze Wielt ist, wird in mabßgebender 
Weise die Preisbewegung jetzt von den Verhältnissen des Weltmarktes 
beeinflußt. Wir können heute bei vielen Dingen mit Recht von „Welt- 
marktpreisent reden; Weltmarktpreise sctzen aber eine weitgehende 
internationale Preisausgleichung voraus und sind erst möglich im Zeit- 
alter der Dampfschiffe, der Eisenbahnen und des elektrischen Nachrichten- 
schnellverkehrs. 
Schon in dem gesagten liegt, dal# eine regelmäßigere und sicherere 
Bedarfsversorgung der Bevölkerung durch das neue Verkehrswesen er- 
möglicht wird. Man muh aber sofort binzusetzen: auch eine vielseitigere. 
Zu keiner Zeit stand dem einzelnen Menschen eine solche Mannigkaltig- 
keit von Gebrauchsgegenständen jeder Art zur Verfügung wie jetzt, und 
auch der weniger mit irdischen Gütern gesegnete genießt zahlreiche 
Dinge, die nur ein so hochentwickeltes Verkehrswesen in seinen Ver- 
fügungsbereich zu erschwinglichen Preisen bringen konnte. Der beutige 
Mensch ist in dieser Beziehung so verwöhnt, daß er sich der Tatsache 
kaum bewubßt wird. Wer aber nur einmal versucht hat, sich klar zu 
machen, welche Unsumme von Verkehrsleistungen nötig ist, um ihm die 
tagtäglich gewohnheitsmäßig und achtlos gebrauchten Dinge zu ver- 
schaffen, und wer nur einmal damit den beschränkten Warenkreis ver- 
glichen bat, der im deutschen Mittelalter der Bedürfnisbefriedigung auch 
der Reichen zu Gebote stand, der wird begreifen, dal gerade das neue 
Verkehrswesen im ganzen das Leben des Menschen reizvoller gestaltet hat. 
Die Erzeugnisse der ganzen Welt sind es, die heute in den vorgeschrittenen
	        
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