540 V. Abschnitt. Der Luftverkehr.
wisse Grundsätze zwischen den verschiedenen Staaten zu vereinbaren,
ähnlich, wie es beim Funkspruch- und Kraftwagenwesen nötig ge-
worden ist. Auch aus anderen Erwägungen wird der Luftverkehr
Gegenstand internationaler Abmachungen sein müssen, die ibhrerseits
wieder auf die vorzunehmende innere Regelung Einfluß haben werden.
Was bisher auf diesem Gebiete erzielt ist, erstreckt sich auf die Be-
handlung der Luftfahrzeuge und ihrer Insassen im Landkriege. Dem
Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907 über die Gesetze und Ge-
bräuche des Landkriegs ist als Anlage eine „Ordnung der Gesetze und
Gebräuche des Landkriegs“ beigefügt, die mehrmals auf den Luftverkehr
ausdrückhch Bezug nimmt. So wird in Art. 29 festgestellt, daß „Personen,
die in Luftschiffen befördert werden, um Mitteilungen zu überbringen
oder um überhaupt Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen
eines Heeres oder eines Gebiets aufrechterhalten“, nicht als Spione zu
behandeln sind. Der Art. 53 Abs. 2 besagt: „Alle Mittel, die zu Lande,
zu Wasser und in der Luft zur Weitergabe von Nachrichten und zur
Beförderung von Personen und Sachen dienen, mit Ausnabme der durch
das Seerecht geregelten Fällel , können, selbst wenn sie Privat-
personen gehören, mit Beschlag belegt werden. Beim Friedensschlusse
müssen sie aber zurückgegeben und die Entschädigungen geregelt werden“.
Hier wird mit der Verkehrsverwendung der Luftfahrzeuge schon voll-
kommen gerechnet. Nicht besonders erwähnt, aber miterfaßt werden
die Luftfahrzeuge durch Art. 25, der es untersagt, „unverteidigte Städte,
Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei,
anzugreifen oder zu beschieben“. Das Hinabwerfen von Geschossen, Zünd-
körpern usw. auf solche Orte aus Luftfahrzeugen fällt unter diese Bestimmung.
Das sind Anfänge internationaler Vereinbarung, die ihre Bedeutung
haben, aber sie treffen nicht die Punkte, die für den Verkehr in der
Luft entscheidend sind.
Die grundlegende Frage ist die, ob für den Luftraum der Grund-
Satz der völligen Freiheit gelten soll, der auf der hohen See herrscht,
oder ob jeder Staat den über seinem Gebiete befindlichen Luftraum als
nationales Verkehrsgebiet behandeln darf. Es ist klar, daß von der
Entscheidung dieser Frage die Gestaltung und Regelung des Luftverkehrs
wesentlich beeinfluht werden muß.
Eine Zeit lang hatte der Gedanke, den Grundsatz des „mare
liberum" auf den Luftraum zu übertragen, manche Freunde, und nur
ganz wenige Einschränkungen dieser Freibeit wollte man zulassen. Das
Institut de droit international, das übrigens schon 1900 Berichte über
die völkerrechtlichen Fragen des Luftverkehrs veranlaßt, die Berichte
aber nicht weiter behandelt hat, benutzte 1906 die Besprechung der
Rechtsfragen über das Funkspruchwesen dazu, den allgemeinen Grund-
Satz der Luftfreiheit aufzustellen: „L’air est lbre. Les états n'ont sur