Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

542 V. Abschnitt. Der Luftverkehr. 
ab und verschob deren Fortsetzung auf November 1910, ist aber tat- 
sächlich nicht wieder zusammengetreten und gilt als ergebnislos. Es 
ist bekannt geworden, daß der Widerspruch mehrerer Staaten, insbesondere 
Grohbritanniens, gegen die Luft- und Luftverkehrsfreiheit zu diesem 
Ausgange geführt hat. 
Neuerdings wird auch im schriftlichen wissenschaftlichen Gedanken- 
austausch dieser Gedanke entweder gar nicht oder nur mit sehr starken 
Einschränkungen vertreten. Das ist berechtigt. Bei aller Freude über 
die bisherigen Erfolge der Luftverkehrsmittel und bei aller Hoffnung 
auf deren künftige ausgiebige Verwertung im nationalen und inter- 
nationalen Verkehr muß doch daran festgehalten werden, daß jeder Staat 
vollkommen das Recht behalten muß, seine Bedürfnisse in politischer, 
wirtschaftlcher, zollpolitscher, verkehrs- und gesundheitspolizeilicher 
Beziehung usw. wahrzunehmen und zu schützen gegen jede mögliche 
Beeinträchtigung. Kein Staat wird sich der Notwendigkeit verschlieben, 
dem internationalen Luftverkehr so viel Spielraum als möglich zu 
gönnen, wie es bei Eisenbahn-, Kraftwagen-, Dampferverkehr usw. 
ebenfalls geschehen ist. Aber jeder Staat muß grundsätzlich das Hoheits- 
recht über den gesamten Luftraum über seinem Gebiete beanspruchen. 
Darin liegt zugleich, daß die innerhalb seines Hoheitsgebietes ein- 
tretenden rechtsbedeutsamen Vorgänge, soweit sie den Staat überhaupt 
berühren, grundsätzlich nach dem nötigenfalls entsprechend auszubau- 
enden eigenen Rechte dieses Staates zu behandeln und zu entscheiden 
sind, und daß die Grundsätze für die zoll-, verkehrs- und wirtschafkts- 
politische Behandlung des Luftverkehrs den eigenen Machtbefugnissen 
des Staates entspringen müssen. 
Die Annabme dieser Grundauffassung erschwert nicht, sondern 
erleichtert die internationale Verständigung über alle Fragen, bei denen 
eine internationale Annäherung oder Gleichartigkeit des Vorgehens durch 
die Bedürfnisse des neuen Verkehrszweiges erfordert wird, und an Stoff 
auf diesem Gebiete fehlt es so wenig, daß auf baldige Verwirklichung 
internationaler Verständigung gerechnet werden kann, wenn die Frage 
der Staatshoheit über den eigenen Luftraum einer Vereinbarung keine 
Hindernisse mehr bereitet. 
Der Luftraum über den Hoheitsgewässern und den Eigentums- 
meeren ist naturgemäß ebenso zu behandeln, wie der Luftraum über 
dem Landgebiete des Staates. Der Luftraum über der hohen See da- 
gegen ist frei, wie die hohe See selbst. Der Luftraum muh also in 
dieser Beziehung grundsätzlich den rechtlichen Verbältnissen der Ober. 
flächenteile folgen, über denen er sich bekindet. 
Soweit sich übersehen läßt, findet die hier vertretene Grundauf- 
Iassung in immer weiteren Kreisen Zustimmung.
	        
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