Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

1. Kapitel. Begriff, Arten, Hilfsmittel und Bedentung. 569 
Telegraphen hat entwickeln können. Das bedeutet für einen wichtigen 
Teil des Nachrichtenverkehrs eine noch vollständigere Ausschaltung der 
Entfernung, als sie selbst dem Telegraphen möglich war. Telegraph 
und Fernsprecher dienen nicht nur dem Bedürfnisse nach Nachrichten- 
austausch innerhalb der Bevölkerung, sondern sind selbst wieder ein 
wichtiges Hilfsmittel für die sichere und pünktliche Durchführung des 
Dienstes in den für Güter- und Menschenbeförderung bestimmten Ver- 
kehrsveranstaltungen geworden. Der Eisenbahn- und Dampfschiffs- 
verkehr kann heute dieser Hilfsmittel nicht mehr entraten. Telegraph 
und Fernsprecher machen im engeren wie im weiteren Verkehrsgebiet 
ihre fördernden Wirkungen bemerkbar. Sie würden aber eine grobe 
Lücke lassen, wenn es nicht gelungen wäre, durch die Seekabel auch 
die riesigen Entfernungen der Weltmeere für den Nachrichtenschnell- 
verkehr unschädlich zu machen. Die Seekabel setzten erst die Tele- 
graphenlinien in stand, den Erdball ganz zu umspannen. Damit ist 
für alle gegenseitigen Beziehungen der durch das Meer getrennten 
Völker, insbesondere für Handel und Schiffahrt, die Nutzbarmachung 
des elektrischen Nachrichtenbetriebs ermöglicht geworden in einem Um- 
fange, der alle früheren Erwartungen weit übertraf. 
Von den Vorteilen des elektrischen Nachrichtenschnellverkehrs blieb 
trotz der großben Fortschritte des Telegraphen-, Kabel- und Fernsprech- 
betriebs noch alles ausgeschlossen, was durch ober- oder unterirdische 
oder unterseeische Drahtleitungen nicht erreichbar war. Fahrzeuge auf 
der See oder in der Luft, fahrende Eisenbahnzüge usw. waren noch ab- 
geschnitten vom elektrischen Nachrichtenverkehr. Durch die jüngste 
Form des elektrischen Nachrichtenschnellverkehrs, die drahtlose Tele-- 
graphie, ist auch diese Lücke ausgefüllt. Die Reichweite dieser Ver- 
kehrsart ist gegenüber der Anfangszeit schon wesentlich vergröbert 
worden. Mit Hilfe drahtloser Telegraphie haben Seeschiffe neuerdings 
schon auf über 3000 km Verbindung mit dem Festlande unterhalten 
können. Bei neueren Versuchen im Jahre 1911 bat man auf über 
1000 km, über 7000, ja über 11.000 km noch brauchbare Ergebnisse 
erzielt. Allerdings ist nicht zu übersehen, dabß die Sicherheit der Nach- 
richtenübermittlung mit der Entfernung nachlälßßtt. Darin liegt eine 
Schwäche der drabtlosen Telegraphie gegenüber der Draht- und Kabel- 
telegraphie, und deshalb ist von vonberein nicht damit zu rechnen, dab 
diese durch die drahtlose Telegraphie verdrängt werden könnten, trotz- 
dem die bedeutend billigeren Anlage- und Unterbaltungskosten der draht- 
losen Telegraphie gegenüber den kostspieligen Seekabelanlagen einen 
großen Vorsprung sichern. Die Bedeutung der drahtlosen Telegraphie 
liegt darin, daß sie der Drahttelegraphie ergänzend zur Seite zu treten 
hat und einen elektrischen Nachrichtenverkehr dahin ermöglicht, wo 
Drahtleitungen nicht hbingeführt werden können. Dabß damit insbesondere
	        
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