Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

574 VIi. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr. 
(in Frankreich und England) und mit dem Zusammenfassen der kleinen 
Gebiete zu gröheren Staatswesen (in Deutschland und ltalien) sowie mit 
dem sich steigernden diplomatischen Verkehr zwischen den Höken. 
Solche landesherrliche Einrichtungen des amtlichen Nachrichtendienstes, 
die als die unmittelbaren Vorläufer der modernen Posten angesehen 
werden können, kamen u. a. auf in Frankreich unter Lupwic Xl. 1464, 
in England unter EpCahRn IV. 1481, aber nur vorübergehend und erst 
unter HElNRLC VIII. dauernd, zwischen Brandenburg und den fränkischen 
Besitzungen der Hohenzollern unter AnRRCHT voJ BRANDENBURG 1486, 
in Westfriesland unter Annnch#r voN MlIssE, in Österreich unter FRlrD 
RleH III (eingerichtet von RodER v. TANIS), zZwischen den Niederlanden, 
Spanien Frankreich und OÖsterreich unter MAxI##AN I, der FANZ 
v. TaAs, dem Enkel des ebengenannten Rockn, die Einrichtung übertrug 
usf. Mitglieder dieser aus Bergamo stammenden Familie haben auch 
sonst in jener Zeit an der Einrichtung eines regelmäßigen und schnellen 
Nachrichtendienstes einen bestimmenden Anteil gehabt. Alle diese Ein- 
richtungen waren — technisch betrachtet — die unmittelbaren Vorläufer 
des Postwesens im heutigen Sinne. Aber sie können noch nicht selbst 
schon als wesensgleich mit der heutigen Post angeschen werden. Denn 
in Wirklichkeit waren sie nichts weiter als ein Reitbotendienst mit einer 
Reihe von Pferdewechselstellen („Relaisstationen“) lediglich für das Be- 
dürfnis der Landesfürsten und ihrer Regierungen. Von ibrer Zugängig- 
keit für jederwann war noch keine Rede und noch viel weniger von 
einem regelmäbigen Nachrichtendienste gegen feste Gebühren, dessen 
Schwerpunkt in der Beförderung der Briefschaften der Bevölkerung ge- 
legen hätte, wie es jetzt bei der Post der Fall ist. Schlob man auch 
nicht durchgängig Privatbriefe aus, so blieben doch noch lange Zeit die 
amtlichen Briefschaften die Hauptsache. Ihretwegen wurde überhaupt 
die ganze Einrichtung geschaffen und unterhalten. Erst in der zweiten 
Hälfte des 16. und 17. Jahrhunderts vollzog sich nach und nach die 
Umgestaltung in einen groben Gewerbebetrieb zur Beförderung der 
Briefschaften der Bevölkerung. Erst damals fing das Bedürfnis nach 
regelmäßigem Nachrichtenaustausch an, sich in breiteren Schichten 
geltend zu machen. Das hing zusammen mit den wirtschaftlichen Um- 
gestaltungen und der Erweiterung des ganzen Anschauungskreises, wie 
sie durch die groben Entdeckungen der Seefahrer, durch die Erfindung 
der Buchdruckerkunst, durch das Wiedererwachen der Wissenschaften, 
durch die kirchliche Reformation und durch die steigenden Bedürkoisse 
der unbeschränkten Fürstenherrschaft veranlaßt wurden. Wie diese Um- 
wälzungen nicht plötzlich und unvermittelt eintraten, so konnten sich 
auch die Einrichtungen des Nachrichtenverkehrs nur im Laufe langer 
Zeit und gleichen Schrittes mit dem Steigen des Verkehrsbedürfnisses zu 
groben Anstalten im Dienste der Gesamtbevölkerung entwickeln. Die
	        
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