2. Kapitel. Entwickelungsgaug. 585
mit eingerechnet. Nach den Verhältniszablen hat die Bevölkerung in
Deutschland viel reichere Gelegenheit zur Telegraphenbenutzung als in
allen anderen Ländern, mit Ausnahme von Luxemburg, wo eine Tele-
graphenanstalt 1910 schon auf 828 Einwohner kam gegen 1580 in Nor-
wegen, 1585 in der Schweiz, 2007 in Schweden, 2040 in Frankreich,
18237 in Rubland, 21825 in der Türkei usw. Das Telegraphennetz
der Erde wurde für 1860 auf 126 000 km Linien und 294000 km Draht-
leitungen, dagegen 1904 auf 2 Mill. km Linien und 7 Mill. km Leitungen
geschätzt.
Auch kür den Telegraphenverkehr erwies sich die internationale
Regelung frühzeitig als nötig. Bereits 1850 schlossen Preußen, ster-
reich, Bayern und Sachsen den Deutsch-österreichischen Telegraphen-
verein, der sich bald auch auf die übrigen deutschen Staaten und
Holland ausdehnte. Eine zweite Staatengruppe bildete sich zwischen
den west- und südeuropäischen Staaten. Der Vertrag zwischen Frank-
reich, Preußen und Belgien vom 4. Oktober 1852 bildete den nächsten
Schritt, dem schon 1858 eine internationale Telegraphenkonferenz in
Brüssel folgte. 1865 fand auf Einladung Frankreichs eine neue Kon-
ferenz sämtlicher europäischer Staaten mit Staatstelegraphen (also aus-
schlieblich Englands) statt, die zur Bildung des „Allgemeinen Tele-
graphenvereins“ führte; in den Kongressen zu Wien 1868, Rom 1871,
St. Petersburg 1875, London 1879, Berlin 1885, Paris 1890, Budapest
189 und Lissabon 1908 wurde der Verein weiter ausgebaut. Für die
technische und verwaltungsmäbige Handhabung der internationalen
Telegraphie ist dadurch eine Ubereinstimmung erzielt worden. Die
Tarife sind infolge der Sonderverträge Deutschlands in Mitteleuropa
einander sehr genähert worden; das deutscherseits angestrebte Ziel eines
europäischen Einheitstarifs ist freilich noch nicht erreicht, aber der Ge-
danke faßt in immer weiteren Kreisen Wurzel.
Der Verein umschlieht jetzt ganz Europa, ferner Persien, Indochina,
Britisch-Indien, Niederländisch-Indien, Ceylon, die portugiesischen Pflanz-
staaten in Asien, Russisch- und Türkisch-Asien, Japan, Siam, Agypten,
Britisch- Südafrika, Erythrea, Britisch-Ostafrika und Uganda, die portu-
giesischen Pflanzstaaten in Aftika, Madagaskar, Senegal, Tunis, Argen-
tinien, Bolivien, Brasilien, Chile und Uruguay, die britischen Pflanz-
staaten in Australien. Die privaten Gesellschaften für die Unterseekabel
haben sich meist den Festsetzungen des internationalen Telegraphenver-
trags unterworfen, ohne dem Vereine beizutreten, und die übrigen richten
sich tatsächlich nach den internationalen Dienstbestimmungen. Das
Organ des Vereins ist das Bureau international des administrations télé-
graphiques zu Bern, das von den Vereinsstaaten unterhalten wird. Im
ganzen umfabßt die internationale Telegraphenvereinigung 67,5 Mill. qkm
mit 959,5 Mill. Einwohnern.