Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

600 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr. 
schule“ in Berlin als hochschulmähige Bildungsstätte tätig. Sie ist am 
30. März 1905 geschlossen worden. Nach den jetzt gültigen Vorschriften vom 
18. April 1908 wird nach wie vor für den höheren Postdienst das Reife- 
zeugnis eines Gymnasiums, Realgymnasiums oder einer Oberrealschule 
verlangt. Der Anwärter für die höhere Postlaufbahn („Posteleve“) hat 
sich im ersten Jahre mit dem praktischen Post- und Telegraphendienste 
vertraut zu machen und den Erfolg dieser Ausbildung durch eine unter 
Aufsicht gefertigte schriftliche Arbeit nachzuweisen. Diese praktische 
Ausbildungszeit darf nur einmal — bis auf die Dauer von 6 Monaten — 
verlängert werden. Ist sie erfolgreich gewesen, so erfolgt ein 3 jähriges 
Universitätsstudium in Reechts- und Staatswissenschakften, Chemie und 
Elektrotechnik. Der Besuch einer Technischen Hochschule wird bis zu 
2 Jahren angerechnet. Nach Beendigung der Studien, spätestens 6 Jabre 
nach Beginn der Vorbereitungszeit ist das erste Examen vor einem der 
drei Prüfungsräte (in Berlin, Königsberg i. Pr., Strabburg i. E.) abzu- 
legen, nach dessen Bestehen der Anwärter zum Postreferendar ernannt 
und eidlich als Beamter der Reichspost und Telegraphenverwaltung ver- 
pflichtet wird. Der Postreferendar wird 3 Jahre lang im praktischen 
Dienste beschäftigt bei einer Oberpostdirektion und bei Post-, Telegrapben- 
und Fernsprechämtern. Am Schlusse dieser Zeit, spätestens 5 Jahre 
nach der Referendarprüfung, ist die zweite Prüfung vor dem Ober- 
prüfungsrate beim Reichspostamt zu Berlin abzulegen. Wird sie be- 
standen, so wird der Postreferendar zum Postassessor ernannt und nun 
zunächst gegen Vergütung zu Aushilfe und Vertretungen verwendet, um 
bei geeigneter Gelegenheit und befriedigender dienstlicher und auber- 
dienstlicher Führung in eine höhere etatsmäßige Dienststelle einzurücken. 
Bei den Anwärtern für die mittlere Laufbahn wird nach den Vorschmpiften 
vom 1. Januar 1900 mindestens das Reifezeugnis für die Untersekunda 
einer neunstufigen oder für die 1. Klasse einer sechsstufigen höheren Lehr- 
anstalt verlangt. Die Reichspostverwaltung legt hiernach besonderes Ge- 
wicht auf fachmännische Ausbildung im Postwesen. Die Heranziehung 
rein juristisch gebildeter Verwaltungsbeamter zu höheren Stellen ist 
vermieden. 
Die Einrichtung ständiger Postbeiräte aus Vertretern der Erwerbs- 
stände ist im Reichstage 1911 angeregt worden, obne bisher verwirk- 
licht zu sein. Ein solcher Beirat kann naturgemäß, wie bei den Eisen- 
bahnen, nur gutachtliche Aufgaben haben. Wie er sie erfüllen würcke, 
hängt wesentlich von seiner Zusammensetzung ab. Da die Post mit 
ihren Einrichtungen in alle Bevölkerungskreise und schichten stark ein- 
dringt, müßte die Mitgliedschaft jedenfalls über die eigentlichen Erwerbs- 
stände weit hinausgreifen, um alle beteiligten Kreise zu berücksichtigen. 
Ob aber ein so vielseitig zusammengesetzter Beirat zu einer besonderen 
Wirksamkeit Kommen könnte, ist zweifelbaft und bängt jedenfalls sebr
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.