602 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr.
auf die Dauer gesichert ist. Das sehliebt keineswegs aus, dab unter
Umständen aus allgemeinen Rücksichten der Ertrag unter dieser Grenze
bleibt; auch kann es nicht immer gelingen, für jeden einzelnen Dienst-
zweig die Grenze wirklich zu erreichen. In solchen Fällen wird ein
Ausgleich an anderer Stelle erforderlich sein. Jedenfalls kann es sich
hier nur um Ausnahmen bhandeln. Die Verkehrsentwickelung würde
leiden, wenn dauernd und im ganzen die volle Eigenkostendeckung
nicht erreicht würde. Das gilt für alle Zweige der Postverwaltung.
Für die Frage, ob darüber binaus noch Reinerträge anzustreben sind,
kommt es darauf an, ob der einzelne Zweig dem staatlichen Alleinrecht
und dem Postzwange unterliegt oder nicht. Wo das erstere der Fall
ist, wie bei der Briefpost, wird unter regelmäßigen Verhältnissen die
volle Eigenkostendeckung nicht zu überschreiten sein.
Das soll freilich nicht heißen, daß jeder Reinertrag sofort zu Porto-
herabsetzungen fübren muß. Wird bei dem Grundsatze der vollen
Eigenkostendeckung ohne zu starke Belastung des Verkehrs noch ein
mähiger Uberschuß erzielt, so wird er zunächst zur Verbesserung und
Ergänzung der Posteinrichtungen zu verwenden sein. Erst wem
nennenswerte Aufgaben in dieser Richtung rvicht mehr vorliegen — eine
auch bier in Wirklichkeit bei aufwärts strebenden Völkern nicht zu er-
wartende Voraussetzung —, und wenn dann trotzdem dauernde Uber-
schüsse erzielt werden, wird eine weitere Herabsetzung der Tarife an-
gemessen sein, weil alsdann eben die Gebührensätze tatsüchlich die
Eigenkosten überschreiten.
Dauernd Uberschüsse für die allgemeine Staatskasse zu liefern,
kann dagegen im allgemeinen nicht als die Aufgabe der alleinberechtigten.
durch den Postzwang gesicherten Briefpost des Staates angesehen werden.
Gleichwohl würde man auch hier, wie bei den Eisenbahnen, vor zu
schneller Beseitigung der Uberschüsse warnen müssen. Es wird immer
erst zu prüfen sein, ob die Mittel, durch die man den Einnahmeausfall
ersetzen muß, nicht so hart und ungleich drücken, dab die Erhebung
von an sich zu hohen Gebübren der Briefpost das kleinere Obel ist.
Sind in diesem Falle die Gebühren nicht so hoch, daß der Verkehr
dadurch erschwert wird, so würde ibre einstweilige Beibehaltung zweck-
mählger sein.
Bis zu gewissem Grade mub die staatliche alleinberechtigte Brief-
post auch Rücksicht nehmen darauf, dabß nicht in den Hauptwettbewerbs.
ländern der geschäftliche Briefverkehr wesentlich billiger besorgt wird,
eine Gefahr, die mit der stärker werdenden Vereinheitlichungsneigung
immer mehr zurücktritt.
Die Paketpost, die bei guter Einrichtung der Gesamtheit wichtige
Dienste leistet, ist nicht nach denselben Grundsätzen zu behandeln. Die
Paketpost stellt sich heutzutage in der Regel als ein staatlicher Gewerbe-