3. Kapitel. Die Post u. d. elektr. Nachrichtenverkehr als Gegenstaud d. Staatsverw. 605
immer mehr anschwellenden und mit Starkstrom arbeitenden elektrischen
Gewerbes. Dabß dabei gegenseitige Störungen eintreten können, ist nicht
zu bezweifeln. Die Gesetzgebung hat sich deshalb in verschiedenen
Ländern mit der Angelegenheit befaßt, u. a. in der Schweiz 1902, in
Frankreich 1906. In Deutschland stand die Reichstelegraphenverwaltung
früher auf dem Standpunkte, daß die Privatunternehmer allgemein die
Pflicht haben, Störungen der staatlichen Leitungen durch besondere Vor-
kehrungen zur Absonderung der Privatleitungen zu verhindern. Die
Privatunternehmer und ibre Vertretungen empfanden eine solche Ver-
pflichtung als eine große Gefahr. Sie verlangten Anfang der 90 er Jahre,
es solle jeder Beteiligte, also auch die Reichstelegraphenverwaltung,
dafür sorgen, daß seine Leitungen in sich geschützt seien.
Man hat sich schlieblich im § 12 des Gesetzes über das Telegraphen-
wesen vom 6. April 1892 dabin geeinigt, daß elektrische Anlagen, wenn
eine Störung des Betriebes der einen Leitung durch die andere eingetreten
oder zu befürchten ist, nach Möglichkeit so auszuführen sind, dabß sie
Sich nicht störend beeinflussen, und zwar auf Kosten desjenigen Teils,
welcher durch eine spätere Anlage oder Veränderung einer bestehenden
Anlage die Störung oder die Gefahr einer solchen Störung veranlabt.
Die Regelung scheint den heutigen Bedürfnissen nicht mebr zu genügen.
Auch die Frage, wie weit die staatliche Telegraphenverwaltung
die Verkehrswege und den Luftraum über fremden Grundstücken für
ihre Zwecke benutzen und in fremde Eigentumsverhältnisse eingreifen
darf, erfordert eine Regelung. In Deutschland gilt dafür das Tele-
graphenwegegesetz vom 18. Dezember 1899. Die Telegraphenverwaltung
kann hiernach die Verkehrswege für ihre zu öffentlichen Zwecken
dienenden Telegraphenanlagen benutzen, soweit dadurch nicht der
Gemeingebrauch der öffentlichen Wege dauernd beschränkt wird. Die
Telegraphenanlagen sind aber so auszuführen, daß sie die vorhandenen,
auf Benützung der öffentlichen Wege angewiesenen besonderen Anlagen
der Wegeunterhaltung, Kanalisation, Gas- und Wasserleitungen, Schienen-
bahnen usw., nicht störend beeinflussen. Die Reichstelegraphenverwal-
tung darf ihre Leitungen durch den Luftraum über Grundstücke fübren,
die nicht Verkehrswege sind, soweit dadurch nicht die Benutzung des
Grundstücks wesentlich beeinträchtigt wird, und ihre Beamten und Be-
auftragten dürfen die betr. Grundstücke betreten zur Vornahme der not-
wendigen Arbeiten, aber nur während der Tagesstunden und nach vor-
heriger schriftlicher Ankündigung. Soweit bei alledeem Schaden durch
das Eingreifen der Reichstelegraphenverwaltung verursacht wird, ist er
von ihr zu ersetzen.
Das öffentliche Alleinrecht ist nur gerechtfertigt bei den öffentlichen
Telegraphenlinien; Linien die nicht dem allgemeinen Verkehr, sondern
lediglich dem inneren Dienste einer Behörde oder Verkehbrsanstalt oder