606 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr.
lediglich den Sonderzwecken eines Besitzers dienen, dürfen deshalb nicht
dem Staate vorbehalten werden. Die letztgenannte Gruppe macht in-
sofern Schwicrigkeiten, als sich derartige Privatanlagen bei zersplitterter
Lage des in Frage kommenden Grundbesitzes nicht ausführen lassen,
ohne fremdes Besitztum oder öffentliche Straßen zu überschreiten. In-
des darf man hier nicht zu engherzig sein. Wenn die Gewähr geboten
wird, daß die Anlage lediglich den Sonderzwecken des Besitzers vor-
behalten bleibt, daß also eine Benutzung durch dritte ausgeschlossen ist,
so kann den Bürgern eine entsprechende Genehmigung unbedenklich
erteilt werden. In Deutschland ist dieser Grundsatz mit der Mabßgabe
anerkannt, dabß die betreffenden, einem Besitzer gehörigen Grundstücke
von einander nicht mehr als 25 km in der Luftlinie entfernt sind. Die
Entfernungsgrenze ist natürlich willkürlich gegriffen, dürfte aber doch
für die meisten bierher gehörigen Fälle ausreichen. Sie bezweckt im
übrigen einen Schutz gegen etwaige mißbräuchliche Ausnutzung solcher
Privatanlagen. ber je weitere Strecken sich die Privatanlagen erstrecken,
desto schwerer ist es, ihre bestimmungsgemäße Verwendung zu über-
wachen. Richtet sich der Zweck des Unternehmens auf entgeltliche
Nachrichtenvermittelung, so mubß auch bei Innehaltung der Entfernung
von 25 km zwischen den einzelnen Grundstücken die Herstellung einer
Privatleitung verboten sein — was übrigens in Deutschland auch der
Fall ist —, denn der eigentliche Telegraphenverkehr ist nicht mehr als
Privatverkehr anzusehen.
Das deutsche Telegraphengesetz von 1892 § 2 läßt neben dem allein-
berechtigten Staatsbetriebe der Telegraphen auch die Verleibung der
Linienanlage für bestimmte Strecken oder Bezirke an Private oder für den
Verkehr innerhalb einer Gemeinde an diese Gemeinde unter bestimmten
Voraussetzungen zu; die Verleihung erfolgt von Fall zu Fall durch den
Reichskanzler oder die von ihm hierzu ermächtigten Behörden.
Für die Kabel, die zwei oder mehrere durch Meere getrennte Staaten
mit einander verbinden, kann ein Alleinrecht eines einzelnen Staates nicht
begründet werden. Dem steht schon die völkerrechtlich gewährleistete
Freiheit des Meeres entgegen. Zudem ist die Verlustgefahr bei umfang-
reichen Kabellinien sehr groß. Der einzelne Staat würde in der Regel
nicht in der Lage sein, die Gefahr zu übernehmen, also nötigenfalls die
von seiner Bevölkerung aufgebrachten Mittel anzugreifen zugunsten einer
Anlage, die dem internationalen Verkehr dient.
Tatsächlich hat man im Kabelwesen der Erwerbsunternehmung den
Vortritt und im allgemeinen auch jetzt noch das Ubergewicht gelassen.
Dabei ging es freilich nicht ohne Mitwirkung des Staates ab. Die Er-
teilung des Landungsrechtes war stets nach der Natur der Dinge Sache
des Staates, dem das Landungsgebiet gebörte. In nicht wenigen Fällen,
z. B. bei den englischen und amerikanischen Kabelgesellschaften, hat der