610 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr.
Für den Fernsprecher, soweit er für längere Entfernungen wirkt,
ist deshalb aus Zweckmähigkeitsrücksichten die Einbeziehung in das Tele-
graphenalleinrecht herbeizuführen. Ist aber dieser Teil des Fernsprech-
betriebs hereingezogen, dann ergibt sich auch sofort die Notwendigkeit,
die Stadtfernsprechnetze grundsätzlich dem Staate und nicht etwa den
Gemeinden oder Erwerbsgesellschaften zu überweisen. Durch eine solche
Trennung würden nicht nur die Verwaltung und der Betrieb auf beiden
Seiten teurer, sondern es würde auch schwieriger sein, die einzelnen
Stadtnetze miteinander in Verbindung zu bringen, da die Fernlinien
und die Stadtnetze in vielfältig verschlungener Weise in einander ein-
greifen.
Bei der drahtlosen elektrischen Nachrichtenbeförderung scheinen die
Staaten nach einer kurzen Ubergangszeit entschlossen, die Einbeziehung
in das staatliche Telegraphenalleinrecht durchzusetzen. Das erscheint
berechtigt gegenüber der groben Bedeutung, die einer einheitlichen und
wirksamen Ordnung und Handhabung dieses jüngsten Zweiges des
elektrischen Nachrichtenschnellverkehrs für das wirtschaftliche Leben
und für die allgemeinen politischen Bedürfnisse den Staaten zukommt.
Deutschland hat nicht gezögert (durch das Gesetz vom 7. März 1908),
das staatliche Telegraphenalleinrecht auf die drahtlose Telegraphie (und
damit auch auf das drahtlose Fernsprechen) auszudehnen. Derartige
Anlagen dürfen nur mit Genehmigung des Reichs errichtet und betrieben
werden; das gilt auch für Anlagen auf deutschen See- und Binnen-
schiffen, wenn sie nicht ausschlieblich zum Verkehr innerhalb des
Fahrzeugs bestimmt sind. Uber den Betrieb auf fremden Fahrzeugen
in deutschen Gewässern trifft der Reichskanzler Anordnungen. Die
Anordnungen sind am 12. Dezember 1909 ergangen. Danach ist der
Gebrauch der drahtlosen Nachrichtenübermittelung in deutschen Hoheits-
gewässern fremden Kriegsschiffen gestattet, darf aber den drahtlosen
elektrischen Nachrichtenverkehr der öffentlichen Küstenstationen, sowie
der Küsten- und Bordstationen der Kaiserlichen Marine nicht stören.
Im Verkehr mit deutschen oder fremden Funkentelegraphenstationen
sind für fremde Kriegsschiffe die „Anweisung für den Funkentelegraphen-
dienst“" vom 12. August 1909 sowie die sonst ergangenen Anordnungen
mahgebend.
Anderen fremden Fahrzeugen ist bis auf weiteres in deutschen
Hoheitsgewässern der Gebrauch der Funkentelegraphie nach Mabßgabe
der Anweisung vom 12. August 1909 und der sonst ergangenen An-
ordnungen gestattet, aber mnerhalb der Häfen, Reeden und Flutt-
mündungen und auf Binnenwasserstraben nur mit schriftlicher Ge-
nehmigung des Reichspostamts.
Im öffentlichen Interesse können diese beiden Vorschriften vorüber-
gehend beschränkt oder aufgehoben werden.