Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

612 VI. Absehnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnellverkehr. 
In einigen Ländern, z. B. in Belgien und den Niederlanden, ist die 
Post- und Telegraphenverwaltung auch mit der Eisenbahnverwaltung 
unter einheitlicher Leitung verbunden. Eine solche Vereinigung hat 
gewisse Ersparnisse zur Folge; sie ist aber nur möglich, wo das Eisen- 
bahnwesen ebenfalls in der Hand des Staates liegt, und setzt auch in 
diesem Falle voraus, daß es gelingt, die nötige engere Verbindung mit 
dem Handelsministerium herzustellen, und daß die große Fülle von ver- 
schiedenartigen Aufgaben in entsprechender Gliederung des Verwaltungs- 
körpers und in der Leitung der Ausbildung der einzelnen Beamten- 
kategorien Berücksichtigung findet. In Deutschland sind die Eisen- 
bahnen — abgesehen von Elsaß-Lothingen — nicht in der Hand des 
Reichs, so dabß hier eine Verschmelzung der Reicbspostverwaltung mit 
der Eisenbahnverwaltung nicht in Frage kommen kann. 
Was die finanzielle Behandlung des elektrischen Nachrichtenschnell- 
verkehrs anbelangt, so ist es klar, daß die Erwerbsgesellschaften, die 
auf diesem Gebiete tätig sind, hier wie überall grundsätzlich auf Rein- 
gewinnerzielung bedacht sein müssen. Auch wenn der Staat dem Ge- 
winnstreben der Gesellschaften Schranken zieht, kann er dies Streben 
nicht unterdrücken wollen. Hat er gar der Gesellschaft, um das Ver- 
kehrsbedürfnis zu befriedigen, durch Aktienübernahme, Vorschüsse, 
Gewinngewähr, Beibilfen usw. unter Ausbedingung von Gegenleistungen 
Hilfe geleistet, so muß er selbst wünschen, dabß die Gesellschaft geldlichen 
Erfolg hat, weil nur dadurch die ihm zugesicherten Gegenleistungen 
verwirklicht, die Vorschüsse zurückgezahlt und verzinst und der staat- 
liche Aktienbesitz zum werbenden Vermögen gemacht werden kann. 
Soweit der elektrische Nachrichtenschnellverkehr zum staatlichen 
Alleinrecht erklärt ist, können seine Leistungen nach dem wiederholt 
dargelegten kein freies Genußgut sein, aber ebensowenig soll das 
staatliche Alleinrecht lediglich auf Erzielung eines möglichst hoben 
Reinertrags gerichtet sein. Im ganzen bat hier wieder der Gebübren- 
grundsatz in dem Sinne zu gelten, daß der betreffende Zweig des elek- 
trischen Nachrichtenverkehrs, als Ganzes gefabßt, seine Unterhaltungs- und 
Betriebskosten sowie die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals in 
vollem Umfange selbst deckt. Etwaige Uberschüsse, die ohne Erschwerung 
des Verkehrs gewonnen werden, haben in erster Linie der Erweiterung 
und Ergänzung des Netzes und der Verbesserung der Anlagen und Ein- 
richtungen zu dienen. Der Punkt, von dem an auf diesen Gebieten 
größere Aufgaben nicht mehr zu lösen sind, ist in den vorgeschrittenen 
Staaten noch lange nicht erreicht, namentlich in bezug auf den Fern- 
sprecher. Gerade dieser Umstand würde es rechtfertigen, wenn etwaige 
Uberschüsse, die freilich nur bei genauerer Ausscheidung der Ausgaben 
und Einnabmen der einzelnen Zweige der Telegraphenverwaltung in der 
Post- und Telegraphenstatistik wirklich erkannt werden können, bis auf
	        
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