624 VI. Abschnitt. Der Post- und elektrische Nachrichtenschnell verkebhr.
Zu den Streckenkosten gehört auch ein Anteil an den Kosten der
Unterhaltung der Leitung und an der Verzinsung und Tilgung des
darin angelegten Kapitals. Da aber die Leitung nötig ist und unter-
halten werden muß, um überhaupt einen Telegraphenbetrieb zu ermög-
lichen, und da die genannten Kosten nicht davon berührt werden, ob
die Leitung viel oder wenig, auf lange oder kurze Strecken benutzt
wird, so ist der Anteil der Beförderung selbst ganz winzig.
Die zurückzulegende Entfernung hat also nur eine untergeordnete,
nicht meßbare Einwirkung auf die Streckenkosten, und diese Strecken-
kosten bleiben weit zurück binter den Stellenkosten („Stationskosten“,).
Die Stellenkosten umfassen einen Anteil an den Kosten der allgemeinen
Verwaltung, der Unterhaltung aller Anlagen und der Verzinsung und
Tilgung des Anlagekapitals und weiter die Kosten der Arbeitsleistungen,
die mit der Annahme und Bestellung des Telegramms verbunden sind.
Diese Arbeitsleistungen bestehen am Abgangsorte in der Annahme und
Prüfung des Telegramms, der Berechnung und Erhebung der Kosten,
der Vorbereitung zum Telegraphieren und dem Abtelegraphieren selbst.
Am Bestimmungsorte setzen sie sich zusammen aus der Abnahme des
Telegramms, seiner Niederschrift, der Zurechtmachung des zu bestellenden
Schriftstücks und der Zustellung des letzteren selbst.
Die Stellenkosten sind unabhängig von der Entfernung, und da
sie den allergrößten Teil der entstehenden Eigenkosten darstellen, so
ergibt sich hieraus von selbst, dabß der Entfernungsunterschied bei der
Bemessung der Telegraphengebühren ganz außer Betracht bleiben
kann.
Das vereinfacht die Tarifgestaltung sehr wesentlich, da es sich nun-
mehr vornehmlich nur darum handeln kann, ob der Hauptteil der Eigen-
kosten, die Stellenkosten, in erkennbarer Weise durch irgend einen
anderen Umstand beeinflußt wird. Das ist in der Tat der Fall. Ein
Teil der vorgenannten Kosten, nämlich der Kostenberechnung und des
Abtelegraphierens am Aufgabeorte, der Abnahme und des Niederschreibens
am Bestimmungsorte und gegebenenfalls des Umtelegraphierens an
der Zwischenstelle, wächst, je mehr Zeit zum Abtelegraphieren der Nach-
richt überhaupt nötig ist, d. h. je länger die Nachricht selbst ist. Die
Länge der Depesche hat also auf die Höhe eines allerdings nur kleinen
Teiles der Stellenkosten einen Einfluß, der immerhin erkennbar ist und
deshalb bei der Tarifgestaltung berücksichtigt werden kann. Da ein
anderer und zwar der größte Teil der Stellenkosten, wie die Grund-
kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals, die allgemeinen
Verwaltungskosten, die Bestellung der Telegramme usw., von der Länge
der Depesche unabhängig ist, so würde sich ein diesen Verhältnissen
angepaßter Tarif zusammensetzen müssen aus einem kür alle Depeschen
gleichen Grundbetrage und einem nach der Länge der Depesche ver-