Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Die Wirkungen des vervollkommneten Verkehrswesens. 59 
den Absatz in entlegenen Gebieten voraus. Das alles bat die alten recht- 
lichen Fesseln sprengen müssen. 
Von weitreichendem Einfluß ist die Tatsache, daß mit der zunehmen- 
den Uberwindung der räumlichen Hindernisse die Rechtsverschiedenheiten 
immer mehr als eine Schranke des Verkehrs fühlbar werden. Besonders 
deutlich hat sich das in Deutschland gezeigt. Daß jedes der vielen 
deutschen Staatengebilde sein besonderes Recht hatte, war möglich, so- 
lange das Verkebhrswesen nicht imstande war, die Beziehungen der 
Menschen über die Landesgrenze hinaus lebhafter zu gestalten. Das 
neue Verkehrswesen aber hat diese Grenzen längst überwunden. Die 
politische Grenze konnte die engsten persönlichen und geschäftlichen 
Beziehungen nicht verhindern. Jetzt muhte jede bedeutsame Rechts- 
ungleichheit als ein arges Hemmnis empfunden werden. Die persönliche 
snd wirtschaftliche Annäherung innerhalb der deutschen Grenzen steigerte 
deshalb auch das Verlangen nach rechtlicher Annäherung, und allent- 
halben schen wir die Gesetzgebung die Folgerungen daraus ziehen. 
Bezeichnend für die Bedeutung, die der Handel stets für das Ver- 
kehrswesen gehabt hat, ist die Erscheinung, dabß es gerade die den 
Handel unmittelbar berührenden Rechtsgebiete waren, für die am ersten 
eine Rechtseinheit innerhalb Deutschlands erstrebt und erreicht wurde. 
Schon 1836 wurde auf der Generalkonferenz des Deutschen Zollvereins 
von Württemberg eine möglichst gleichförmige Handelsgesetzgebung 
angeregt. Die Anregung blieb noch ohne unmittelbare Folge, in letzter 
Linie deshalb, weil das Verkehrswesen das Bedürfnis nach einer Rechts- 
annäherung noch nicht im allgemeinen batte entstehen lassen. Zehn Jahre 
später hatten die Eisenbahnen dies Bedürfnis schon wesentlich gesteigert, 
und 1846 wurde deshalb ein erster wichtiger Schritt durch Einsetzung 
eines Ausschusses zur Beratung eines einheitlichen deutschen Wechselrechtes 
getan. Die erste schöne Frucht der engeren Verbindung unter den 
deutschen Staaten, wie das Verkehrswesens sie nötig gemacht batte, ist 
die deutsche Wechselordnung, deren Entwurf im letzten Vierteljahr des 
Jahres 1847 zustande kam, 1848 (26. November) vom Reichsverweser 
Erzherzog Johann von Gsterreich veröffentlicht und danach von den 
einzelnen Staaten zum Gesetz erhoben wurde. Die damalige Reichs- 
leitung war seit Oktober 1848 auch damit beschäftigt, den Entwurk 
eines gemeinsamen deutschen Handelsrechts ausarbeiten zu lassen. 
Politische Ereignisse stellten sich noch in den Weg. Aber 1857—1861 
gelang das Werk, und auch dieser Entwurf hat in den einzelnen Staaten 
Gesetzeskraft erlangt. Die Möglichkeit, daß durch Sondermabhnahmen 
einzelner Bundesstaaten die gewonnene Rechtseinheit wieder gestört 
werden könne, ist dann später durch Erhebung der Wechselordnung und 
des Handelsgesetzbuchs zu Reichsgesetzen beseitigt worden. 
Auch die für den Handelsverkehr sehr wichtige Vereinheitlichung
	        
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