Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

60 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
des Maß- und Gewichtswesens wurde so sehr zum Bedürfnis, dal schon 
seit Anfang der 60er Jahre an der Herstellung eines deutschen MaßB- 
und Gewichtswesens gearbeitet wurde. Die politischen Ereignisse ver- 
zögerten die Sache zwar, aber der Norddeutsche Bund schuf doch schon 
1868 eine einheitliche Maß- und Gewichtsordnung, die später auf das 
Reich ausgedehnt wurde. 
Anfangs der 70 er Jahre wurde auch im Münzwesen, dessen Zer- 
Ssplitterung mit dem Zustande des Verkehrswesens unvereinbar war, die 
volle Einheit in Deutschland erzielt. Die 70er Jahre brachten dann 
die Rechtseinheit auf dem (ebiete des Konkursrechtes (Gesetze vom 
Februar 1877 und 21. Juli 1879). 
Auch auf den Rechtsgebieten, die mit dem Gewerbewesen in engem 
Zusammenhange stehen, ist das Bedürfnis nach einheitlichen Rechts- 
sätzen schon in erheblichem Umfange befriedigt worden. Wir haben 
ein einheitliches Gewerberecht, ein einheitliches Marken-, Muster-, Patent- 
und Gebrauchsmusterschutzrecht, ein einheitliches Urheberrecht, alles 
Schöpfungen, die der neuesten Zeit angehören. Man muh sich dabei 
erinnern, daß schon der weit vorausschauende FniEpRkR. LISr eifrig in 
dieser Richtung arbeitete, in einer Zeit, in der die Verbältnisse für eine 
so weitgehende Vereinheitlichung noch nicht reif waren. Das Ver- 
kehrswesen hat das Bedürfnis nach Rechtseinheit auch in dieser Be- 
ziehung erhöht und an seinem Teile mit zur Lösung der Aufgabe bei- 
getragen. 
Die Aufgabe, das Strafrecht, die bürgerliche und die Strafgerichts- 
ordnung und die Gerichtsverfassung für Deutschland einheitlich zu 
regeln, ist in der zweiten Hälfte der 70 er Jahre gelöst worden. Auch 
das ist eine Tat, die für das wirtschaftliche Leben von grober Be- 
deutung ist und ohne den Einfluß des die deutschen Stämme verbinden- 
den Verkehrswesens schwerlich schon hätte vollbracht werden können. 
Das schwerste, was noch durchzuführen blieb, war die Weg- 
räumung der Verkehrshindernisse, die durch die Zersplitterung des 
bürgerlichen Rechtes entstchen. Die Lösung dieser Aufgabe bildete seit 
dem Gesetze vom 20. Dez. 1973 den Gegenstand einer eifrigen Arbeit, 
an der sich die öffentliche Meinung im ganzen Reiche stark beteiligte. 
Das Ergebnis war das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. Aug. 1896, das 
am 1. Jau. 1900 in Kralt trat. Auch hier muß dem Verkehrswesen ein 
beträchtlicher Einfluß beigemessen werden. 
Das bisher gesagte hebt nur einige wichtige Rechtsgebiete hervor, 
auf denen das Verkehrswesen den Drang nach einer Rechtseinheit be- 
sonders lebhaft gestaltet hat. Man könnte die Reihe noch erheblich 
verstärken. 
Aber auch an den Grenzen eines großben Staates macht die Rück- 
wirkung des Verkehrswesen auf die Rechtsentwicklung nicht Halt. Die
	        
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