62 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen.
rechte sprechen. Denn nirgends mehr ist nach europäischem Völker-
rechte der Fremde rechtlos; immer weiter dehnt sich durch die inter-
nationalen Verträge die vollkommene Gleichstellung der Ausländer mit
den Inländern aus. Die Uberbrückung der politischen Grenzen im per-
sönlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verkehr, die nach dem oben
gesagten innerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs zutage trat,
wiederholt sich hier innerhalb der Grenzen der gesitteten Welt, und auch
hier ist das neue Verkehrswesen die Grundlage und der wichtigste Hebel
der Fortschritte.
4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentlichen Gewalt gegenüber
dem Verkehrswesen.
5 1. Die Aotteendiokeit des Eingreifens der ösfentlichen Geicalt
in das Verhelirsicesen. Die Bedeutung des vervollkommneten Verkebrs-
wesens ist nach dem dargelegten auberordentlich grob. In alle Gebiete
des menschlichen Gemeinlebens greift das Verkehrswesen ein, überall
Umgestaltungen, Umbildungen, Umformungen von höchster Tragweite
hervorrufend, überall das Volksleben in seinen verschiedenen Aus-
strabhlungen trotz mancher ungünstiger Nebenwirkungen im ganzen
fördernd, hebend und befruchtend. Ein Werkzeug aufsteigender Ent-
wickelung im umfassendsten Sinne des Wortes ist in einem gut ausge-
bildeten und leistungsfähigen Verkehrswesen gegeben. Aber nur in einer
Menschengemeinschaft konnte es sich zu seiner jetzigen Bedeutung ent-
wickeln, nur in ihr kann es seine segensreichen Wirkungen entfalten.
Von selbst drängt sich da die Frage auf: Welche Stellung sollen die
Willensträger dieser Gemeinschaft dem Verkehrswesen gegenüber ein-
nehmen, welche Aufgabe haben sie ihm gegenüber zu erfüllen? Die
Beantwortung dieser Frage gibt einen Uherblick über den Inhalt der
Verkehrspolitik, d. h. über die Gesamtheit der Maßhnahmen, mit denen
die öffentliche Gewalt behufs Wahrnehmung des Gesamtwohls eine un-
mittelbare Einwirkung auf das Verkehrswesen bezweckt.
Die höchste Form der innigen Vereinigung der Menschen zur Er-
füllung der Kulturaufgaben, die wir kennen, der oberste Träger des
Gesamtwirkens ist der Staat. Er ist der Inhaber der öffentlichen Ge-
walt schlechthin. Innerhalb des Staates aber bestehen kleinere, mit
öffentlicher Gewalt umkleidete Zusammenfassungen der Menschen mit
eigenen Trägern des Gesamtwirkens, die neben, unter und mit dem
Staate an der Lösung bestimmter Aufgaben zu arbeiten haben. Das
sind die Selbstverwaltungskörper: die Provinzen, die Kreise, die Gemeinden.
Im Vordergrunde steht bei der hier zu erörternden Frage der Staat, und
seine Stellung und Aufgaben gegenüber dem Verkehrswesen sind deshalb
in erster Linie zu ermitteln. Was von ihm gilt, kann in den Einzelheiten
nicht ohne weiteres auf die nachgeordneten Stufen der öffentlichen Gewalt