Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 67 
Gaben zugunsten der Unternehmung in Anspruch genommen entweder 
derart, daß eine Rückzahlung seitens der Gesellschaft nicht vereinbart 
wird, oder derart, daß die Gesellschaft eine Rückzahlungsverpflichtung 
übernimmt. Die ersteren sind reine Schenkungen. Sie bestehen und 
bestanden öfter in Geldzahlungen, entweder einmaligen bei der Errichtung 
oder jährlichen während des Betriebs. Das Verfahren ist hierbei sehr 
einfach, eine Anpassung an das wirkliche Bedürfnis liegt aber nicht vor. 
Unter Umständen erfolgt die Beihilfe auch durch mehrere Staaten. An 
den 119 Mill. Frs. z. B., mit denen seinerzeit die Gotthardbahn unter- 
stützt wurde, waren die Schweiz, Deutschland und ltalien beteiligt. In 
Amerika, wo noch weite Bodenstrecken nicht im Sondereigentum waren, 
hat man auch in grohem Umfange die Form einer Landschenkung ge- 
wählt, wobei nicht nur die für den Bahnkörper selbst nötigen Flächen, 
sondern auch grobe Teile des angrenzenden Grund und Bodens gegeben 
wurden. Für die Regierung bot das Verfahren den Vorteil, daß weder 
der Kredit, noch die Staatskassen zur Ermöglichung der Unternehmungen 
in Anspruch genommen wurden. Von einer Anpassung der Schenkung 
an den wirklichen Bedarf des Unternehmens ist bei der Hingabe grober 
Flächen natürlich keine Rede. 
In den europäischen Staaten ist der Weg der Landschenkung nur 
insoweit anwendbar, als der Grund und Boden noch in der Hand der 
Uffentlichen Verwaltung liegt; im allgemeinen Kkonnte und kann deshalb 
in Europa dieser Weg nicht beschritten werden. Beschränkt sich die 
Landschenkung auf die für den Bahnkörper nötige Fläche, so dürfte 
darin oft genug keine genügende Ermunterung zur Beteiligung an dem 
nternehmen liegen. 
Frankreich, das überhbaupt ein weitgehendes Eingreifen der öffent- 
hichen Gewalt zugunsten der Entwickelung der Verkehrswege zeigt, hat 
schon infolge des Gesetzes vom 11. Juni 1812, das den Plan des ersten 
französischen Eisenbahnnetzes aufstellte, zur Aufmunterung des erlahmen- 
den Unternehmungsgeistes aubergewöhnliche Lasten auf sich genommen. 
Den nötigen Grund und Boden mubte der Staat enteignen und ein Drittel 
der entstandenen Kosten selbst übernehmen, während zwei Drittel auf 
die beteiligten Departements und Gemeinden verteilt wurden. Sämtliche 
Erdarbeiten, alle Kunstbauten und alle Bahnhofsgebäude hatte der Staat 
zu beschaffen. Den Gesellschaften lag nur die Beschaffung und Unter- 
haltung des Oberbaues und der Betriebsmittel und die Durchführung 
des Betriebs auf Grund besonderer Pachtverträge ob. Nach Ablauf der 
Pachtzeit sollte den Pachtgesellschaften der Wert ihrer Aufwendungen 
zur Fertigstellung des Schienenwegs und zur Beschaffung der Betrichs- 
mittel nach sachverständiger Schätzung vom Staate oder den neuen 
Pachtgesellschaften vergütet werden. Als geldliche Gegenleistungen 
waren Abgaben vom Verkehr auf den vom Staate gestellten Eisenbahn- 
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