Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

78 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
Jede Linie mühte überdies mit einem vollständigen Verwaltungs- 
körper ausgerüstet werden, sodaß im ganzen viel mehr für die Ver- 
waltung ausgegeben wird, als wenn eine Wettbewerbslinie überhaupt 
nicht gebaut wäre. Des weiteren muß das Betriebspersonal mehrfach 
vorhanden sein, kostet also auch das mehrfache. Uberhaupt wieder- 
holen sich alle Ausgaben des Betriebs auf beiden Linien. 
Das alles, die erhöhten Ausgaben für Verzinsung des Anlage- 
kapitals, für Verwaltung und für Betrieb, muß schlieblich durch die 
Frachten gedeckt werden, und die ganz naturgemähe Folge ist die, daß 
die Bevölkerung die Verkehrsleistungen teurer bezahlen muß. Schon 
bei anderen Erwerbsarten, die mit geringerem Kapitalaufwand arbeiten, 
kann die Ubersetzung des betreffenden Zweiges unter Umständen zur 
höheren Belastung im ganzen führen; die Gefahr tritt hier nur deshalb 
nicht so klar hervor, weil die Möglichkeit eines wirklichen Wettbewerbes 
viel ausgedehnter ist und deshalb dem Verbraucher die Wahl zwischen 
verschiedenen Wegen zur Deckung seines Bedarfs frei gibt und damit 
auch die Unternehmer zwingen kann, sich mit bescheidenerem Gewinne 
zu begnügen. Beim Verkebrswesen fehlt zwar keineswegs der Wettbewerb. 
Innerbalb des Straben-, Wasser- und Luftverkehrs können die ver- 
schiedenen Cnternehmer mit einander in Wettbewerb geraten, so lange 
Sie sich nicht zu Verbänden oder auf andere Weise zusammenschlieben. 
Auch zwischen den verschiedenen Wegen kann ein Wettbewerb eintreten. 
Landstraben, Wasserstraben, auch Seewege und Eisenbahnen können 
miteinander um bestimmte Teile des Verkehrs ringen, ebenso die ver- 
schiedenen Nachrichtenverkehrsmittel. Aber die Möglichkeit, zu hohen 
Preisforderungen durch Ubergang zu einem anderen Verkehrswege oder 
zu einer anderen Verkebrsart auszuweichen, ist doch tatsächlich ein- 
geschränkt. Von einer wirklichen freien Auswahl unter den verschiedenen 
Arten von Verkehrsmitteln ist in vielen Fällen nicht die Rede. Habe 
ich das Bedürfnis, eine geschriebene Nachricht sehr schnell wegzusenden, 
s0 bleibt mir kein anderes Verkehrsmittel als der Telegraph, gegebenen- 
falls das Kabel; habe ich das Bedürfnis, Waren so billlg wie möglich 
wegzusenden, ohne auf besondere Schnelligkeit Gewicht legen zu müssen, 
bin ich auf den Wasserweg angewiesen, wenn er für die betreffende 
Richtung überhaupt zur Verfügung steht. Muß ich in bestimmter kurzer 
Frist einen entfernten Punkt erreichen, der nur auf Eisenbahnen oder 
Landstraben erreichbar ist, üann muß ich wohl oder übel die Eisenbahn 
benutzen; selbst der leistungsfähige Kraftwagenverkehr wird den Weg 
nach weitentlegenen Punkten in der Regel nicht in derselben Zeit be- 
wältigen können wie die Eisenbahn. Beim Verbrauche von Verkehrs- 
leislungen — wenn dieser Ausdruck überhanpt gestattet ist — befindet 
sich also der Verbraucher in vielen Fällen in einer Zwangslage, und 
deshalb ist es in nicht wenigen Fällen möglich, den erhöhten Aufwand
	        
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