Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 79 
zum großen Teile auf den schwächeren abzuwälzen, und das staatliche 
Eingreifen in das Tarifwesen kann ihm. wie schon erwähnt, doch nur 
in beschränktem Mabe wirklich zu Hilfe kommen. 
Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus ist es sonach für wichtige 
Teile des Verkehrswesens im allgemeinen als das zweckmäbßigste an- 
zusehen, wenn das Nebeneinander verschiedener Verwaltungen beseitigt 
wird. Ist dem aber so, kommt es — namentlich bei groben Verkebrs- 
mitteln unserer Zeit, wie bei dem gröbßten Teile des Eisenbahn- und des 
clektrischen Nachrichtenverkehrs — schlieblich doch zu einem tat- 
Süchlichen Alleinrechte, dann liegt die Frage ungemein nahe, ob dies 
Alleinrecht nicht besser in der Hand der öffentlichen Gewalt als in der 
Hand von Erwerbsgesellschaften aufgehoben ist, falls überhaupt die öffent- 
liche Gewalt zur Verwaltung der Verkehrsmittel geeignet ist. 
Nur bei oberflächlicher Betrachtung kann man behaupten wollen, 
daß der öffentliche Betrieb von Verkehrsmitteln der erwähnten Art an 
sich nicht anwendbar sei. Diejenigen, welche das behaupten, klammern 
sich an den Ausdruck „Privatunternehmen und stellen es dem öffent- 
lichen Unternehmen gegenüber als das überlegene hin. Aber die Vorzüge, 
die man dabei dem nichtöffentlichen Unternehmen zuzuschreiben pflegt, 
bestehen in Wahrheit nur für das Einzelunternehmen. Dieses zeigt aller- 
dings ganz bedeutende Vorzüge gegenüber dem öffentlichen Unternehmen, 
soweit es sich um tatkrästige und einheitliche Leitung, um Erkennen 
und schnelles Benutzen schwankender Marktverhältnisse, um billige, 
rasch entschlossene Betriebsführung handelt. Aber ganz die gleichen 
Vorzüge hat das Einzelunternehmen auch gegenüber dem Aktiengesell- 
schaftsbetriebe. 
Bei dem Teile des groben Verkehrswesens, der hier in Frage 
kommen kann, stehen nicht etwa öffentliche Unternehmungen und Einzel- 
unternehmungen einander gegenüber, sondern fast ausschlieblich öffent- 
liche und erwerbsgesellschaftliche, meist, besonders bei den grohen Ver- 
kehrsmitteln, aktiengesellschaftliche. Das große Kapitalerfordernis gibt 
hier von vornherein den Aktiengesellschaften eine besondere Bedeutung. 
Daß die Aktiengesellschaften an sich geeignet sind, Verkehrsunter- 
nehmungen mit Erfolg zu betreiben, wird nach allen Erfahrungen und 
nach den Grenzen für die Anwendbarkeit der Aktiengesellschaften im 
Ernste niemand bestreiten. Das Verkehrsunternehmen muß auf längere 
Dauer berechnet sein; starker häufiger Wechsel der Marktverhältnisse 
besteht nicht, da das Verkehrsbedürfnis so allgemein und dauernd zutage 
tritt, dabß auf einen gewissen Mindestumfang des Verkehrs fast regel- 
mäbßig zu rechnen ist. Bei der Schiffahrt liegt es allerdiungs anders. Die 
Verwaltung kann nicht nur, sondern muß sogar nach feststehenden 
Grundsätzen und Regeln erfolgen. Wo aber grobe Aktiengesellschaften 
für den Betrieb geeignet sind, da ist in vielen Füllen auch die öffent-
	        
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