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Inhalt des Gesetzes bedarf es eines näheren Eingehens auf diese
Vorfrage nicht mehr. Gesetz bedeutet einen in besonderen Formen
zustande gekommenen Staatsakt ohne Rücksicht auf seinen Inhalt.
Daß der Etat durch Gesetz festgestellt werden soll, besagt nur, daß
das, was der König früher im Wege der Verordnung tat, nun-
mehr der vorherigen Zustimmung der Volksvertretung bedarf. Das
Wesen des Etats ist selbständig zu würdigen.
Nach der Einnahmeseite ist der Etat nur Wirtschaftsplan
für das folgende Jahr, eine Prophezeiung dessen, was voraussicht-
lich einkommen wird, ohne jede rechtliche Bedeutung. Denn die
privatwirtschaftlichen Einnahmen beruhen auf der ein für allemal
feststehenden Privatrechtsordnung, der auch der Staat als Fiskus
untersteht, sind also von der Aufnahme in den Etat unabhängig.
Und hinsichtlich der hoheitlichen Einnahmen schiebt die preußische
Vll. jedem Rückfalle in ein periodisches Steuerbewilligungsrecht,
in welcher Forderung sich altständische Überlieferungen wie Kon-
stitutionalismus begegneten, einen Riegel vor durch die Be-
stimmung des Art. 100, wonach die bestehenden Steuern und Ab-
gaben, soweit sie durch besondere Gesetze angeordnet sind, auch
ohne Aufnahme in den Etat forterhoben werden.
Von den Ausgaben sind einzelne rechtlich notwendig, in-
dem sie einen integrierenden Bestandteil der nur unter Zustimmung
aller drei gesetzgebenden Faktoren abänderbaren Rechtsordnung
bilden. Hierher gehören alle Ausgaben, die auf einer rechtlichen
Verpflichtung des Staates beruhen, wie solche, die er auf Grund
der Privatrechtsordnung eingegangen ist, die Gehälter der etats-
mäßigen Beamten, aber auch sachliche Kosten, wie für den Unter-
halt der Gerichte, der Gefängnisse usw., ohne welche die Rechts-
ordnung nicht bestehen kann. Diese rechtlich notwendigen Aus-
gaben müssen unter allen Umständen geleistet werden, für sie ist
der Etat nur Wirtschaftsplan.
Bloß für die rechtlich nicht notwendigen Ausgaben ist es
bei dem vorverfassungsmäßigen Zustande geblieben. Der Etat ist
hier zwar nicht die Rechtsgrundlage der Ausgabe nach außen, aber
eine Instruktion der Behörden, was sie ausgeben dürfen und da-
mit die Grundlage der Rechnungskontrolle.