Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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Schweizer gegen Osterreich und Burgund hatten gezeigt, daß die 
Zukunft nicht mehr dem Ritterheere, sondern dem Fußvolke gehöre, 
das jeder mit dem nötigen Gelde werben konnte. Das eindringende 
römische Recht ruhte nicht mehr in der Brust der Rechtsgenossen, 
sondern bedurfte eines berufsmäßigen Beamtentums als Trägers. 
Die Reformation endlich erweitert zunächst in den protestantischen 
Gebieten die Aufgaben des Staates auf die bisher allein von der 
Kirche gepflegten höheren Kulturzwecke und gibt dem Staate die 
reichen Einnahmen der Kirche. Uberall befindet sich daher die 
deutsche Landeshoheit des Reformationszeitalters in aufstrebender 
Entwicklung. 
Doch die große Preisrevolution infolge der Entdeckung 
Amerikas läßt seit etwa 1540 den deutschen Landesherren noch 
einmal ihre Einnahmen unter den Händen schwinden. Noch haben 
sie kein absolutes Besteuerungsrecht und müssen sich von neuem 
an ihre Stände wenden. Deren Politik wird es nun, dem Landes- 
herrn kein Geld in die Hand zu geben, um das Eindringen des 
Miles perpetuus zu verhüten. Die Steuern bewilligen sie für 
eigene ständische Kassen, auf die sie die Tilgung der landesherr- 
lichen Schulden übernehmen, dem Landesherrn überlassend, für 
die Deckung der laufenden Verwaltungskosten neue Schulden zu 
machen. Dafür erhalten sie soziale Zugeständnisse im Interesse 
der herrschenden Klassen in Stadt und Land zur Unterdrückung 
und Ausbeutung der anderen Bevölkerungsklassen und politische 
im Interesse der Beherrschung des ganzen Staatswesens durch 
die Stände. 
Der Dreißigjährige Krieg fand die deutschen Staaten überall im 
Besitze der herrlichsten ständischen Freiheit, aber in vollster Wehr- 
losigkeit. Es mußten sich erst im Kriege und durch diesen Heere 
bilden. Auch die Stände waren jetzt geneigt, dem Landesherrn 
wieder Mittel zur eigenen Verfügung für ein kleines stehendes. 
Heer zu bewilligen: anfangs unter allerhand Vorsichtsmaßregeln, 
die allmählich fortfielen. Da auch der Frieden eine hochgradige 
politische Spannung zurückließ, blieb das Heer bestehen. Die 
Hoffnung der Stände, daß dies nur vorläufig mit Rücksicht auf 
die „gefährlichen Zeitläufte“ notwendig sei, verwirklichte sich nicht.
	        
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