Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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besondere Zugeständnisse erhöhte Leistungen erlangte. Kehl und 
Philippsburg waren Reichsfestungen. Bei Bildung des Kriegsrates 
waren beide Religionsparteien gleichmäßig zu berücksichtigen. 
Auf dem Gebiete der Justiz entfaltete das Reich bis zu seinem 
Untergange verhältnismäßig die größte Wirksamkeit. In der großen 
Reformzeit unter Maximilian J. war 1495 die Begründung des 
Reichskammergerichts mit dem Sitze in Frankfurt, später in 
Speier und schließlich in Wetzlar erfolgt. Gerichtsherren waren 
Kaiser und Reich, Vorsitzender ein Kammerrichter aus hohem Adel, 
die Beisitzer meist von den Ständen präsentiert, seit dem west- 
fälischen Frieden paritätisch. Da sich jedoch der Kaiser seine obrig— 
keitlichen Rechte vorbehalten hatte, errichtete Maximilian I. 1497 
ein Hofratskollegium für das Reich und die Erblande, seit Ferdi- 
nand I. wurden beide Aufgaben getrennt, so daß der Reichshof- 
rat für das Reich blieb. Der Reichshofrat, seit dem westfälischen 
Frieden paritätisch zu besetzen, hat eine konkurrierende Gerichtsbar- 
keit mit dem Reichskammergerichte, nur einzelne Sachen waren 
ihm vorbehalten, außerdem versah er die Stellung eines Staats- 
rates. Die Reichsgerichte hatten die Gerichtsbarkeit über die Reichs- 
unmittelbaren, außerdem die Gerichtsbarkeit dritter Instanz für 
das ganze Reich. Nachdem jedoch die Kurlande schon durch die 
goldene Bulle von 1356 ein unbeschränktes Privilegium de non 
appellando erhalten hatten, wurden solche Privilegien seit dem 
17. Jahrhundert in immer steigendem Umfange erteilt, und damit 
die Gerichtsbarkeit der Reichsgerichte durchlöchert. Die Kosten des 
Reichskammergerichts wurden aufgebracht durch Matrikularbeiträge 
der Einzelstaaten, die Kammerzieler. Außerdem bestanden bei beiden 
Gerichten Sporteln. 
Die innere Verwaltung hatte das Reich seit der Reformzeit 
Maximilians I. in großen, den Bedürfnissen der neuen Zeit ent- 
sprechenden Gesetzen, den Reichspolizeiordnungen, besonders der 
von 1577, zu regeln übernommen. Die weitere Ausführung er- 
folgte in Landespolizeiverordnungen. Da jedoch das Reich keine 
eigenen Vollzugsorgane hatte, wurde es hier mehr und mehr be- 
deutungslos. , 
Auf dem Gebiete der Finanzen war das alte Königsgut samt
	        
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