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Eine besondere Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze für
das Gebiet der Zölle und indirekten Verbrauchsabgaben gibt die
RV. Art. 36 Abs. 2. Danach überwacht der Kaiser die Ein-
haltung des gesetzlichen Verfahrens seitens der einzelstaatlichen Be-
hörden durch Reichsbeamte. Die von diesen gemachten Anzeigen
über Mängel werden dem Bundesrate zur Beschlußfassung vorgelegt.
c) Der Bundesrat beschließt über die Bundeserekution, um
Bundesglieder zur Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Bundes-
pflichten zu nötigen (RV. Art. 19). Die nach der norddeutschen
Bundesverfassung bei militärischen Leistungen und Gefahr im Ver-
zuge zulässige Anordnung der Bundesexekution durch den Bundes-
feldherrn ist fortgefallen. Dagegen liegt die Vollstreckung der
Exekution stets dem Kaiser ob. Während die norddeutsche Bundes-
verfassung die Ausdehnung der Exekution bis zur Segquestration
des betreffenden Landes und seiner Regierungsgewalt zuließ, hat
die Reichsverfassung auch diesen Satz fortgelassen, aber doch anderer-
seits auch die Wirkungen der Exekution nicht beschränkt. Tatsäch-
lich ist es zu einer Bundesexekution noch nie gekommen, die bloße
Möglichkeit genügt als Zwangsmittel.
II. Der Kaiser ist Träger der Regierungsgewalt, wo es sich
darum handelt, die Staatspersönlichkeit des Reiches machtvoll zu-
sammenzufassen in einer einzigen physischen Person.
1. Der Kaiser ist völkerrechtlicher Vertreter des Reiches,
wenn nicht rechtlich, so doch tatsächlich ebenso wie der König von
Preußen des preußischen Staates. Er kann als Vertreter des
Reiches Krieg erklären und Frieden schließen, Bündnisse und andere
Verträge mit fremden Staaten eingehen, Gesandte beglaubigen und
empfangen (RV. Art. 11). Nicht völkerrechtlich, sondern nur staats-
rechtlich nach innen ist der Kaiser in gewissen Fällen beschränkt, bei
Erklärung von Angriffskriegen an die Zustimmung des Bundes-
rates, bei Abschluß von Verträgen, deren Gegenstände in das Ge-
biet der Gesesgebung fallen, an die von Bundesrat und Reichstag
gebunden (vgl. § 40).
2. Der Kaiser hat die Kommandogewalt über Heer und Flotte,
und zwar, da es sich nicht um Ausflüsse des verfassungsmäßigen
Präsidiums handelt, ohne an die ministerielle Gegenzeichnung des
Bornhak, Grundriß des Staatsrechts. 3. Aufl. 12