— 192 —
sollen sich vielmehr nach dem Inhalte des Vertrages als einem an
sie gerichteten Gesetze des Reiches verhalten. Die Verkündung be-
darf daher wie die jedes Gesetzes der Gegenzeichnung des Reichs-
kanzlers oder seines Vertreters.
* 47. Krieg und Marine.
Kriegsheer und Kriegsmarine weisen eine sehr verschiedene
rechtliche Gestaltung auf. Das hängt eng zusammen mit der ge-
schichtlichen Entwicklung. Jeder Einzelstaat besaß bei der Begründung
des Bundesstaates ein Landheer, das seit dem dreißigjährigen Kriege
auf das engste mit der Person des Landesherren verbunden war.
Man mußte hier berechtigte Empfindungen schonen und konnte für
den Bundesstaat nur das unbedingt Notwendige in Anspruch nehmen.
So kam man zu verwickelten Kompromissen, die das Recht des
Landheeres als einen der schwierigsten Gegenstände des Reichsstaats-
rechts erscheinen lassen. Eine Kriegsmarine besaß dagegen von
allen deutschen Staaten nur Preußen. Da dem Könige von
Preußen auch im Bundesstaat das Oberkommando über die Kriegs-
marine verblieb, hatte Preußen kein Bedenken, seine Marine ohne
jeden Vorbehalt auf den Bundesstaat übergehen zu lassen. Die
Kriegsmarine ist daher das am einheitlichsten gestaltete Verwaltungs-
gebiet, bei dem irgendwelche einzelstaatlichen Elemente überhaupt
nicht sichtbar sind. Die beiden an sich eng verwandten Verwaltungs-
gebiete sind daher hier gesondert zu behandeln.
I. Landheer.
Die Reichsverfassung beschäftigt sich im elften Abschnitte
„Reichskriegswesen“", Art. 57 ff. mit dem Landheere und grenzt da-
bei namentlich die Rechte des Reiches und des Einzelstaates gegen-
einander ab. Doch ist dieser Abschnitt eigentlich nirgends in vollem
Umfange geltendes Recht. Er wird durchbrochen durch das Recht
der Militärkonventionen und des bayrischen Verfassungsbünd-
nisses. Sehr bald stellte sich nämlich heraus, daß die Klein- und
Mittelstaaten bis zu den Großherzogtümern einschließlich gar nicht
auf den Fortbestand ihrer militärischen Rechte in dem verfassungs-
mäßigen Umfange Gewicht legten. Sie waren geneigt, vertrags-