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Die Militärgesetze regeln aber im allgemeinen nur die Dienst-
pflicht des einzelnen, die Wehrlast in ihrer Gesamtheit und Straf-
recht und Strafverfahren. Es bleibt daneben noch ein weiter
Spielraum für ein Verordnungsrecht praeter legem auf Grund
einer ganz allgemein gehaltenen gesetzlichen Ermächtigung für den
inneren Dienst über „Administration, Verpflegung, Bewaffnung
und Ausrüstung“ (Art. 63 Abs. 5 RV.).
Der Erlaß dieser Armeeverordnungen ist grundsätzlich Sache
des Einzelstaates doch mit Kautelen, welche die Einheit verbürgen.
Zunächst ergehen, da alle deutschen Kontingente mit Ausnahme
der mittelstaatlichen Königreiche durch die Militärkonventionen an
das preußische Heer angeschlossen sind, die Armeeverordnungen
des Königs von Preußen für das gesamte deutsche Heer mit Aus-
nahme von Bayern, Sachsen und Württemberg. Für Sachsen
und Württemberg greift die Bestimmung des Art 63 Abs. 5 NV.
Platz, daß die für die preußische Armee ergehenden Anordnungen
den Kommandeuren der übrigen Kontingente durch den Bundes-
ratsausschuß für Landheer und Festungen zur Nachachtung in ge-
eigneter Weise mitzuteilen sind. Die Könige von Sachsen und
Württemberg haben daher das Armeeverordnungsrecht nur formell,
nicht materiell. Sie sind verpflichtet, ihrerseits den preußischen
gleichlautende Armeeverordnungen für ihre Kontingente zu erlassen.
Bloß der König von Bayern hat auf Grund seiner Militärhoheit
das Armeeverordnungsrecht auch materiell selbständig und hat sich
in dem Bündnievertrage nur vorbehalten, die volle Übereinstim-
mung mit dem Bundezheere herzustellen.
Im übrigen unterscheidet man zwischen Militärkommando
und Militärverwaltung. Militärkommando ist die Herstellung
der unmittelbaren militärischen Aktion vermittelst des militärischen
Dienstbefehls. Die Militärverwaltung hat es dagegen mit der
Herstellung der Vorbedingungen und Mittel für die militärische
Aktion (Intendanturwesen usw.) zu tun. Der staatsrechtliche Unter-
schied beider besteht darin, daß in Reich und Einzelstaat Akte
der Kommandogewalt nicht an die ministerielle Gegenzeichnung
gebunden sind, wohl aber solche der Militärverwaltung. Wegen der
Abgrenzung vgl. AE. vom 18. Januar 1861.