Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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technische") ist, ob die Dienstherrlichkeit dem Reiche zusteht oder in 
der Kontingentsherrlichkeit enthalten ist. Die Kontingentsherrlichkeit 
ist allerdings erwachsen auf dem geschichtlichen Boden der Dienst- 
herrlichkeit, bildet aber heute eine solche nicht mehr. Bei der aus- 
schließlichen Gesetzgebungsbefugnis des Reiches hat eine souveräne 
Dienstherrlichkeit kein Einzelstaat mehr. Nur Bayern besitzt eine 
dem Reiche untergeordnete Dienstherrlichkeit. Die kontingentsherr- 
lichen Befugnisse der übrigen Staaten kann man als Reste früherer 
Dienstherrlichkeit bezeichnen, sie bilden aber eine solche jetzt nicht 
mehr. Man kann zutreffend von einem militärischen Patronate 
sprechen (Brockhaus). 
Den Ausdruck des bestehenden Zustandes bildet der Fahnen- 
eid. Die Gehorsamspflicht wird dem Kaiser angelobt (RV. Art. 64), 
dem Landesherrn die bloß moralische, rechtlich gleichgültige Treue- 
pflicht. Nur für das bayrische Heer wird die Gehorsamspflicht 
gegenüber dem Kaiser bloß für den Fall des Krieges angelobt. 
Auf diesen Grundlagen gestaltet sich nun die Organisation 
des Heeres nach den beiden Richtungen der Dienstpflicht des einzelnen 
und der Wehrkraft in ihrer Gesamtheit. 
Die Dienstpflicht des einzelnen ruht auf der verfassungs- 
mäßigen allgemeinen Wehrpflicht (RV. Art. 57). Mit dem 
vollendeten 20. Lebensjahre beginnend ist sie eine solche im aktiven 
Heere auf zwei Jahre, bei der Kavallerie und reitenden Feld- 
artillerie auf drei Jahre, die folgenden fünf bzw. vier Jahre in 
der Reserve, weitere fünf Jahre in der Landwehr 1. Aufgebots 
und dann bis zum 31. März des Jahres, in dem das 39. Lebens- 
jahr vollendet wird, in der Landwehr 2. Aufgebots (RV. Art. 59). 
Für Einjährig-Freiwillige beschränkt sich die aktive Dienstzeit auf 
ein Jahr. Ergänzend kommt dazu die Landsturmdienstpflicht vom 
17. bis 45. Jahre für Personen, die keiner anderen Formation an- 
gehören (RwG. vom 11. Februar 1888). Die Wehrpflicht ist eine 
solche gegenüber dem Reiche (militärische Freizügigkeit). · 
Die Wehrlast im ganzen bildet die Friedenspräsenz. Ihre 
staatsrechtliche Entwicklung geht auf englischen Ursprung zurück. 
  
*) Seydel, Laband.
	        
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