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dem Reiche und einzelstaatlicher Kontinentsherrlichkeit ist gleich-
falls mangels der Staatseigenschaft des Reichslandes nicht mög-
lich. Es bestehen auch keine besonderen Truppenteile Elsaß-
Lothringens, sondern seine Wehrpflichtigen werden in die Kontingente
Preußens und der mittelstaatlichen Königreiche eingestellt. Die
neuerdings erfolgte Benennung einzelner Regimenter nach den elsaß-
lothringischen Bezirken bezieht sich auf preußische Truppen, die im
Reichslande stehen. Die Militärverwaltung führt das preußische
Kriegsministerium.
J) Justiz. Die Organisation ist seit 1879 die gemeinrecht-
liche mit dem Oberlandesgerichte in Colmar und unter oberster
Rechtsprechung des Reichsgerichts.
d) Innere Verwaltung. Materiell ist das französische Recht
zum großen Teile bestehen geblieben. Selbst wo das Reich zu-
ständig ist, hat es eine große Zurückhaltung gezeigt, die Gewerbe-
ordnung und die Armengesetzgebung erst sehr spät, das Reichs-
preßgesetz überhaupt noch nicht eingeführt. Die Organe sind durch
die Behörden der allgemeinen Landesverwaltung gegeben.
e) Finanzen. Auf finanziellem Gebiete tritt vor allem der
staatenähnliche Charakter des Reichslandes zutage.
Geschichtlich hatte das Reich mit der Abtretung seitens
Frankreichs alle Einkünfte der französischen Staatsgewalt erworben
und war in alle ihre Verpflichtungen eingetreten. Das Reich hätte
also wie in einem Einheitsstaate alle Staatseinnahmen zu erheben
und alle Staatsbedürfnisse zu decken gehabt. Das wäre aber
politisch bedenklich gewesen. Denn in seiner gemeingültigen Zu-
ständigkeit hat das Reich nur gewisse Einnahmen und Ausgaben.
Wäre es in Elsaß-Lothringen anders gewesen, so wäre der Ver-
dacht entstanden, daß besondere Einnahmen aus dem Reichslande
allgemeinen Reichszwecken dienten. Außerdem hätte dadurch das
an sich höchst verwickelte Etatswesen des Reiches eine neue Trübung
erfahren.
Deshalb hat man einen eigenen elsaß-lothringischen Landes-
fiskus als besondere juristische Person begründet, dem grundsätzlich
alle diejenigen Einnahmen und Ausgaben beigelegt sind, die sonst
dem einzelstaatlichen Fiskus zustehen und obliegen. Damit ist das