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Im Gegensatze zur Gesellschaft hat nun aber der Staat als
Quelle ausgleichender Gerechtigkeit das Lebensprinzip in sich, die
Beherrschung durch gesellschaftliche Interessen nicht zu dulden, im
Gegenteile über ihnen zu stehen und jedem das Seine zu gewähren.
Diese seine Aufgabe wird dem Staate dadurch erschwert,
daß er auch seinerseits auf Menschen angewiesen ist, die einer
Gesellschaftsklasse angehören und bei Erfüllung der Staatsaufgaben
ihre sozialen Anschauungen und Interessen mitbringen. Ja eine
schwache Staatsgewalt kann hier vollständig den sozialen Mächten
unterliegen, indem wie während des Mittelalters die besitzenden
Klassen in Stadt und Land die obrigkeitlichen Befugnisse zu eigenem
Rechte erwerben und zum Zubehöre ihres Besitzes machen. Die
Folge der Uberwältigung der obrigkeitlichen Gewalt durch soziale
Mächte ist die Beurteilung aller öffentlichrechtlichen Verhältnisse
unter dem Gesichtspunkte des Privatrechts. Ein berufsmäßiges
Beamtentum ist durch die gewohnheitsmäßige Handhabung staatlicher
Aufgaben als Lebensberuf eher an die Wahrnehmungen staatlicher
Gesichtspunkte gewöhnt, unterliegt aber doch auch sozialen Einflüssen.
Die volle Vertretung der Staatsidee gegenüber der Gesellschaft
ist nur möglich, wenn ein Faktor so hoch über allen sozialen Inter-
essen steht, daß sich in ihm die von der Gesellschaft unabhängige
Staatsgewalt verkörpert. Dieser Faktor ist gegeben in dem germa-
nischen Königtume. In ihm liegt der gewaltige Fortschritt der
Staatsbildung des Mittelalters und der Neuzeit gegenüber dem
Altertume. Mag es vhnmächtig sein wie in der ständischen Mo-
narchie des Mittelalters, in dem parlamentarischen Königtume der
Gegenwart, der selbständige Staat schläft nur in ihm und ist nicht
tot. Die Staatsidee kann wieder erwachen und sich geltend machen,
wie dies die Umbildung der ständischen zur absoluten Monarchie
gezeigt hat. Und selbst die großen republikanischen Flächenstaaten
halten in der Präsidentschaft der Republik den letzten Abglanz des
germanischen Königtums fest.
Dabei bewegt sich das Verhältnis von Staat und Gesell-
schaft der modernen Kulturwelt in zwei Gegensätzen.
Der Staat der Volkssouveränetät bedeutet, da das Volk nichts
anderes ist als der soziale Organismus, die Sonveränetät der