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man die Krücke der Hausgesetze nicht mehr. Wohl aber sind ihre
Bestimmungen über Thronfolgerecht und Thronfolgeordnung, zum
Teil in die Verfassungsurkunden übernommen, geltendes Recht ge-
blieben.
Der moderne Staat hat ferner die dem Patrimonialstaate
eigentümliche Durchdringung und Zersetzung aller öffentlichen Ver-
hältnisse durch das Privatrecht beseitigt und damit auch die Thron-
folge zu einer rein staatsrechtlichen Einrichtung ausgebildet.
Während die Staatsrechtslehre noch bis über die Mitte des 19. Jahr-
hunderts die Thronfolge aus dem Privatrechte oder wenigstens mit
privatrechtlichen Analogien erklärte, ist sie jetzt rein öffentlichrecht-
lich zu erfassen.
Das Wesen der Thronfolge ergibt sich aus dem der erblichen
Monarchie. Nach dem monarchischen Prinzipe sind alle Rechte der
Staatsgewalt in der Person des Monarchen verkörpert derart, daß
jedes staatliche Recht und jede staatliche Pflicht in letzter Linie
zurückgeht auf die physische Person des Monarchen. Dadurch setzt
sich aber das monarchische Prinzip in Widerspruch mit der Un-
vollkommenheit menschlichen Lebens, mit seiner kurzen Dauer. Ge-
wiß sind auch die Staaten nicht unsterblich. Doch ihre Lebens-
dauer bemißt sich nach Jahrhunderten, ja nach Jahrtausenden,
während dem menschlichen Leben eine kürzere Zeitspanne gesetzt ist.
Es muß also ein Mittel geben, die längere Lebensdauer des
Staates in Übereinstimmung zu bringen mit der kürzeren des
Monarchen, in dem sich der Staat verkörpert. Das geschieht durch
die Thronfolge.
Die Thronfolge bedeutet daher das Recht des Regierungs-
nachfolgers, die Staatspersönlichkeit des Regierungsvorgängers fort-
zusetzen. Vorgänger und Nachfolger sind nur als physische Men-
schen verschieden, staatsrechtlich sind sie eine und dieselbe Staats-
persönlichkeit des Monarchen. Die alte französische Monarchie
hatte dafür, indem sie das politische Wesen des Staates weit früher
und entschiedener ergriff als der deutsche Patrimonialstaat, das
treffende Rechtssprichwort: „Le roi est mort, vive le roi.“ Der
König als physischer Mensch ist der menschlichen Sterblichkeit unter-
worfen und ist wirklich gestorben, der König als Staatspersönlich-