Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

— 40 — 
sondern wird aus politischen Gründen nicht zum Throne zugelassen. 
Er wird daher gar nicht als Throninhaber anerkannt, andererseits 
auch sein Recht nicht geleugnet. Es ist eine Regentschaft „für den, 
den es angeht“, gewissermaßen zur Strafe für den Throninhaber. 
In ähnlicher Weise war die letzte Regentschaft in Lippe (1905) 
bis zur endgültigen Entscheidung des Thronfolgestreites eine Ver- 
tretung des unbekannten Inhabers. Die Entscheidung des Streites 
ergab, daß der Regent die Regentschaft für sich selbst geführt hatte. 
2. Die Regierungsstellvertretung wird regelmäßig in den 
Verfassungsurkunden nicht erwähnt, beruht aber auf zweifellosem 
Gewohnheitsrechte praeter legem, das sich aus der Zeit der ab- 
soluten Monarchie in die Gegenwart fortpflanzt. In Preußen 
sind Fälle dieser Art vorgekommen 1857—1859, 1878, 1887 und 
1888. Aber auch in anderen Einzelstaaten sind sie nicht selten. 
Voraussetzung der Regierungsstellvertretung ist, daß der 
Monarch noch in vollem Umfange handlungsfähig ist. Denn 
wäre er dies nicht, so müßte eine Regentschaft eintreten. Der 
Monarch fühlt sich aber in seiner Arbeitskraft geschwächt, so daß 
er das Bedürfnis hat, sich zu entlasten. 
Demnach ist die Regierungsstellvertretung nicht gesetzliche Ver- 
tretung, sondern Vertretung kraft Rechtsgeschäfts. 
Die Bestellung des Vertreters beruht allein auf dem Willen 
des Monarchen. Wie er ihn ernennt, kann er die öffentlichrecht- 
liche Vollmacht auch jederzeit widerrufen. Selbst eine Bestellung 
auf bestimmte Zeit, z. B. auf drei Monate, bedeutet nicht, daß 
der Vertreter während dieser Zeit ein unentziehbares Recht hätte, 
sondern daß die Vertretung nach dieser Zeit von selbst erlischt, 
wenn sie nicht verlängert wird. Doch der Monarch kann auch 
vorher jederzeit der Vertretung ein Ende setzen. 
Die Auswahl der zu bestellenden Person ist allein Sache des 
Monarchen. Es wird schuldige Rücksicht gegen den Thronfolger 
sein, wenn möglich, diesen zu bestellen. Doch rechtlich notwendig 
ist es nicht. Auch die Gemahlin des Monarchen, selbst ein Minister 
kann mit der Stellvertretung beauftragt werden. 
Den Umfang der Vertretung zu bestimmen, ist Sache des 
Monarchen. Die Vertretung kann sich auf Erledigung aller Re-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.