bürger. Deutschland hat sich dem schweizer Vorbilde angeschlossen,
wonach die Einzelstaatsangehörigkeit die Grundlage bildet und die
Gesamtstaatsangehörigkeit nach sich zieht, weil dadurch der staat-
lichen Eigenart in höherem Maße Rechnung getragen wird. Die
Regelung erfolgte durch das norddeutsche Bundesgesetz vom 1. Juni
1870 über den Erwerb und Verlust der Bundes= und Staats-
angehörigkeit, das später als Reichsgesetz auf das ganze Reichs-
gebiet und in einzelnen Beziehungen auch auf die Schutzgebiete
ausgedehnt worden ist.
I. Erwerb.
1. Geburt. Eheliche Kinder erwerben die Reichs= und Staats-
angehörigkeit des Vaters, uneheliche die der Mutter. Dieser Er-
werbsgrund ist statistisch der bei weitem überwiegende.
2. Legitimation. Uneheliche Kinder erwerben durch die Le-
gitimation die Reichs- und Staatsangehörigkeit des Vaters. Bloße
Adoption hat diese Wirkung nicht.
3. Heirat, Erwerbsgrund nur für weibliche Personen. Die
Frau erwirbt durch die Heirat die Reichs- und Staatsangehörigkeit
des Mannes.
4. Verleihung. Sie erfolgt nur auf Antrag einer ver-
fügungsfähigen Person. Trotzdem ist sie kein Vertrag, da die
Gleichstellung der Beteiligten fehlt. Entscheidend ist vielmehr allein
der schriftlich auszufertigende staatliche Verleihungsakt, für dessen
Erteilung der Antrag nur eine von mehreren Voraussetzungen ist.
Zuständig für die Verleihung ist die höhere Verwaltungsbehörde,
in Preußen im allgemeinen der Regierungspräsident, nur in Berlin
der Polizeipräsident.
Die Verleihung hat einen verschiedenen Charakter, je nach-
dem sie an Reichsausländer oder Reichsinländer erfolgt.
Die Verleihung an Reichsausländer heißt Naturalisation.
Verliehen wird die Staatsangehörigkeit und mit ihr die Reichs-
angehörigkeit, in Elsaß-Lothringen und den Schutzgebieten nur die
Reichsangehörigkeit. Die Erteilung der Naturalisation steht im
freien Ermessen der Verwaltung. Vorher soll die Vertretung der
Wohnsitzgemeinde gehört werden. Ausländische Juden werden nach
feststehender Verwaltungspraxis nicht naturalisiert.
Bornhak, Grundriß des Staatsrechts. 8. Ausl. 4