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an den Wohnsitz gebunden sind, werden daraus keine besonderen
Schwierigkeiten erwachsen.
Die Möglichkeit besteht aber auch bei Reichsangehörigen gegen-
über dem Auslande und wird hier gesteigert durch die Verschieden-
heit der Indigenatsgesetze. Indem zwei Staaten dieselbe Person als
angehörig beanspruchen, entstehen völkerrechtliche Streitfälle, die
sich der staatsrechtlichen Lösung entziehen.
Im Verhältnisse zu den Vereinigten Staaten von Amerika
sind die Schwierigkeiten gemindert durch sog. Bancroftverträge
(22. Februar 1868). Amerika verpflichtet sich danach, Deutsche erst
nach fünfjährigem Aufenthalte zu naturalisieren, Deutschland den
Verlust seines Indigenats bereits nach fünfjähriger Abwesenheit und
Erwerb des amerikanischen Bürgerrechts eintreten zu lassen.
8 15. Bevorrechtete Klallen der Untertanen.)
Der Grundsatz der staatsbürgerlichen Gesellschaft von der
Gleichheit aller vor dem Gesetze ist nicht in voller Reinheit durch-
geführt, sondern wird durchbrochen von stehengebliebenen Resten
der alten ständischen Gesellschaftsordnung. So ergeben sich be-
vorrechtigte Klassen der Staatsangehörigen.
1. Der niedere Adel. Er ist nur uneigentlich hierher zu
rechnen, da mit ihm sachliche Vorrechte nicht verknüpft sind. Der
niedere Adel war innerhalb des Einzelstaates der erste Stand der
ständischen Gesellschaft und umfaßte die mit Ritterlehen gegen die
Verpflichtung zum Kriegsdienste zu Roß ausgestatteten mittleren
Grundbesitzer und ihre Familienangehörigen. Er war aber auch
der Stand, der mit dem Adelsprädikate die äußere Zugehörigkeit
zu diesem Stande äußerlich an den Tag legte. Deshalb war es
schon seit Kaiser Karl IV. üblich geworden, in dem Briefadel das
Adelsprädikat ohne materielle Grundlagen zu verleihen und adlige Per-
sonalisten zu schaffen. Aus dem gleichen Grunde hat aber auch der
Adel den Untergang der ständischen Gesellschaft in Deutschland überlebt.
*) Vgl. Heffter, Die Sonderrechte der souveränen und der mediatisierten
vormals reichsständigen Häuser Deutschlands, Berlin 1871; Rehm, Modernes
Fürstenrecht, München 1901.