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der Mehrheit nach Gründen der politischen Zweckmäßigkeit, sondern
nur nach Gründen des Rechts zu erfolgen. Verhältnismäßig ein-
fach gestaltet sich die Prüfung im Herrenhause, wo nur die ord-
nungsmäßige königliche Berufung festzustellen ist. Dagegen wird
sie im Abgeordnetenhause zu einer Entscheidung über bestrittene
Wahlen. Die Prüfung erfolgt vorbereitend in einer Kommission,
der Matrikelkommission des Herrenhauses, der Wahlprüfungs-
kommission des Abgeordnetenhauses, endgültig durch das Plenum.
Bis zu dessen Entscheidung kann auch das angefochtene Mitglied
an den Beratungen und Beschlüssen des Hauses teilnehmen.
Die parlamentarische Tätigkeit entwickelt sich entweder in
den Abteilungen und Kommissionen oder im Plenum.
Jedes Hauswird in Abteilungengeteilt. Die Abteilungen sind we-
sentlich nur dazu bestimmt, die Mitglieder der Kommissionen zu wählen.
Die Kommissionen dienen zur Vorbereitung der Vorlagen.
Jedes Haus hat nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung Kommissionen,
die regelmäßig gebildet werden müssen, z. B. die Budgetkommission,
die Gemeindekommission. Andere Kommissionen werden auf be-
sonderen Beschluß zur Erledigung einzelner Vorlagen bestellt. Die
Kommission wird dabei zweckmäßig so zusammenzusetzen sein, daß
sich in ihr die Parteiverhältnisse des Hauses widerspiegeln, da
nur in diesem Falle eine für die weiteren Arbeiten des Plenums
ersprießliche Vorbereitung möglich ist.
Das Plenum des Abgeordnetenhauses erledigt jede Vorlage
in drei Lesungen, das Herrenhaus in zwei Lesungen. Die erste
verbreitet sich nur über die allgemeinen Gesichtspunkte und endet
nicht mit einem sachlichen Beschlusse, sondern mit einem solchen
über die weitere geschäftliche Behandlung, ob die Vorlage sofort
in zweiter Lesung im Plenum erledigt oder an eine Kommission
verwiesen werden soll. Das letztere ist die Regel. Hat eine Kom-
missionsberatung stattgefunden, so beginnt die zweite Lesung mit
einem Berichte der Kommission durch eines ihrer Mitglieder. Die
zweite Lesung geht auf die einzelnen Teile der Vorlage selbst ein
und endet mit einer sachlichen Beschlußfassung über Annahme
oder Ablehnung der einzelnen Teile und der ganzen Vorlage,
wobei auch noch Verbesserungsanträge gestellt werden können.