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Die dritte Lesung hat denselben Charakter der Geschäftsbehandlung,
ist aber endgültig und entscheidend. Die Wiederholung der gleichen
Behandlung in der zweiten und dritten Lesung bietet die Mög-
lichkeit, zwischen beiden noch Versuche der Verständigung mit der
Regierung zu machen oder der Auffassung des anderen Hauses
Rechnung zu tragen.
Bei den parlamentarischen Verhandlungen muß notwendig
eine Verbindung mit der Regierung bestehen, zumal die meisten
Vorlagen von ihr vorbereitet und eingebracht sind. In den par-
lamentarischen Staaten ist diese Verbindung dadurch gegeben, daß
die Minister der Mehrheit der Volksvertretung entnommen werden
und ihr somit als Mitglieder angehören müssen. Dieses parlamen-
tarische System haben wir nicht. Wohl aber haben die Minister
und die von ihnen abgeordneten Kommissare Zutritt in jeder
Kammer sowohl im Plenum wie in den Kommissionen und müssen
dort auf ihr Verlangen jederzeit gehört werden. Geschäftsordnungs-
mäßig wird eine bereits geschlossene Debatte dadurch wieder er-
öffnet, daß ein Vertreter der Regierung das Wort ergreift. In
Preußen kann sogar jede Kammer die Gegenwart der Minister
verlangen. Praktische Bedeutung hat dies kaum, da kein Minister
zum Zuhören und Reden gezwungen werden kann.
Die Landtagsverhandlungen sind öffentlich und wahrheits-
getreue Berichte in der Presse von jeder Verantwortung frei. Das
gilt aber nur für das Plenum, soweit es nicht ausnahmsweise zu
einer geheimen Sitzung zusammentritt. Für die Abteilungen und
Kommissionen besteht keine Offentlichkeit. Wohl aber können auch
solche Mitglieder des Hauses, die der betreffenden Kommission
nicht angehören, ihren Beratungen beiwohnen. Die Regierung
ist daher in der Lage, in einer Kommissionssitzung vertraulichere
Mitteilungen zu machen, die sich für die weitere Offentlichkeit
nicht eignen.
Die Handhabung der Ordnung bei den parlamentarischen
Verhandlungen sowohl im Plenum wie in den Kommissionen ist
Sache des Vorsitzenden nach Maßgabe der Geschäftsordnung. Das
Korrelat der parlamentarischen Immunität, daß die Mitglieder für
ihre parlamentarische Tätigkeit nicht außerhalb des Hauses zur