Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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prozesses erkannnt wird, findet das Verwaltungsstreitverfahren keines- 
wegs allgemein statt, wo Verwaltungsrecht streitig ist. Vielfach 
ist die Sicherheit und Schnelligkeit der Exekutive von unendlich 
viel höherem Werte als die Möglichkeit, eine Rechtsfrage im 
Prozesse zum Austrage zu bringen. Deshalb wird man z. B. 
niemals auf militärischem Gebiete einen Verwaltungsprozeß zulassen 
können. Andererseits sind die Verwaltungsgesetze vielfach mit so 
allgemeinen Ermächtigungsklauseln für die Behörden ausgestattet, 
daß darüber keine Rechtskontrolle möglich ist. So kommt man zu 
der sog. Enumerationsmethode. Das Zuständigkeitsgesetz vom 
1. August 1883 zählt kasuistisch in Dutzenden von Paragraphen 
die Fälle auf, in denen das Verwaltungsstreitverfahren zulässig ist. 
Hier und da wird es auch noch in anderen Gesetzen zugelassen. 
Nur auf Grund einer solchen besonderen gesetzlichen Grundlage kann 
der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden. 
Die Organe der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind zum Teil 
auch mit anderen Angelegenheiten befaßt, nur in höchster Instanz 
für diese allein bestimmt. 
Der Kreisausschuß, gleichzeitig kommunale Verwaltungsbehörde 
des Kreises und Beschlußbehörde, und an seiner Stelle in den 
selbständigen Stadekreisen der Stadtausschuß (Vgl. 8 19) ist Ver- 
waltungsgericht erster Instanz in den ihm überwiesenen Angelegen- 
heiten. 
Der Bezirksausschuß, gleichzeitig Beschlußbehörde (§ 20), ist 
Verwaltungsgericht zweiter Instanz über dem Kreis= bzw. Stadt- 
ausschusse und erster Instanz in den ihm überwiesenen Angelegen- 
heiten. 
Als oberstes Gericht ist durch das Verwaltungsgerichtsgesetz 
vom 3. Juli 1875 nebst Novelle vom 2. August 1880 das Ober- 
verwaltungsgericht zu Berlin begründet. Es besteht nur aus 
berufsmäßigen Beamten, dem Präsidenten, den Senatspräsidenten 
und Oberverwaltungsgerichtsräten, die mindestens 30 Jahre alt 
und zur Hälfte zum Richteramte, zur Hälfte für den höheren 
Verwaltungsdienst befähigt sein müssen. Die Enthebung vom Amte 
findet nur in gleicher Weise statt wie bei den Mitgliedern des 
Reichsgerichts. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet in einzelnen 
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