Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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Senaten von wenigstens fünf Mitgliedern, der durch Gesetz vom 
8. Mai 1889 eingesetzte Disziplinarsenat von zwei Präsidenten und 
sieben Mitgliedern. Das Oberverwaltungsgericht ist, soweit die 
untere Instanz nicht endgültig entscheidet, Gericht dritter oder zweiter 
Instanz über den Kreis= bzw. Stadtausschüssen, zweiter Instanz 
über den Bezirksausschüssen und erster und letzter Instanz in den 
ihm überwiesenen Angelegenheiten. 
Die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte bestimmt 
sich nach einem dreifachen Gerichtsstande. In Angelegenheiten, die 
sich auf Grundstücke beziehen, ist ausschließlich das Gericht der 
belegenen Sache zuständig (fkorum rei sitae). In allen anderen 
Angelegenheiten ist maßgebend der Wohnsitz der Person oder der 
Sitz der Behörde oder Korporation, welche in Anspruch genommen 
wird (korum domicilü). Ist der Gerichtsstand zweifelhaft oder 
das zuständige Gericht am Ausgange der Sache interessiert, so 
bestimmt das höhere Gericht das zuständige Gericht (forum extra- 
ordinarium). 
Wegen Ausschließung oder Ablehnung der Gerichtspersonen 
finden die Bestimmungen der 3P. entsprechende Anwendung. 
Die leitenden Prozeßmarimen sind zum Teil von denen der 
anderen Prozeßarten verschieden. 
Ob im Verwaltungsprozesse die Verhandlungsmaxime des 
Zivilprozesses oder die Inquisitionsmaxime des Strafprozesses Platz 
greift, ist bestritten. Die Verhandlungsmaxime des Zivilprozesses, 
wonach der Richter nur formelle Wahrheit aus Grund des Vor- 
bringens der Parteien festzustellen hat, ergibt sich daraus, daß es 
sich im Zivilprozesse um die Geltendmachung subjektiver, der Aus- 
übung nach verzichtbarer Rechte handelt, die nur soweit zugesprochen 
werden können, als sie geltend gemacht werden. Wer im Ver- 
waltungsprozesse die Geltendmachung subjektiver Rechte sieht, wird 
auch für ihn die Verhandlungsmaxime zugrunde legen. Dem Wesen 
der Rechtskontrolle entspricht nur das Inquisitionsprinzip, das 
den Richter von Amtswegen zur Erforschung der materiellen 
Wahrheit verpflichtet. Damit stimmt auch das Gesetz selbst überein, 
das den Richter bei Beweisaufnahme und Entscheidung an Partei- 
erklärungen nicht bindet.
	        
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