Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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destens zur Hälste dem Reichsgerichte, einem obersten Landesgerichte 
oder einem Oberlandesgerichte angehören und in ungerader Zahl 
von mindestens fünf entscheiden. Auch ist das Verfahren gesetzlich 
zu regeln, und die Anfechtung einer rechtskräftigen gerichtlichen 
Entscheidung über Zulässigkeit des Rechtsweges ausgeschlossen 
(& 17 EsS. zum GVG.). 
Den Einzelstaaten war die Ermächtigung erteilt, die dem 
Reichsrechte entsprechende neue Regelung der Kompetenzgerichtsbar- 
keit mangels gesetzlicher Regelung im Wege der Verordnung zu 
treffen. Demgemäß erging in Preußen die Verordnung vom 
1. August 1879, die das preußische Recht mit dem Reichsrechte in 
übereinstimmung brachte. 
Der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte 
besteht aus elf Mitgliedern, von denen sechs dem Kammergerichte 
angehören, die übrigen für den höheren Verwaltungsdienst 
oder das Richteramt befähigt, alle mindestens 35 Jahre alt sein 
müssen. Die Enthebung vom Anmte ist nur unter denselben 
Voraussetzungen zulässig, wie bei den Mitgliedern des Reichs- 
gerichts. Der Gerichtshof entscheidet in der Besetzung von sieben 
Mitgliedern. Die Geschäftsordnung regelt ein vom Gerichtshofe 
unter Bestätigung des Staatsministeriums zu entwerfendes Re- 
gulativ. 
Das Verfahren ist verschieden, je nachdem der Kompetenz- 
konflikt positiv oder negativ ist. 
Positiv ist der Kompetenzkonflikt, wenn eine Sache vor dem 
Gerichte schwebt, aber die Verwaltungsbehörde sie als vor sich ge- 
hörig betrachtet. Hier kann die Zentral= oder Provinzialverwaltungs- 
behörde den Kompetenzkonflikt erheben. Es ist Einfluß französi- 
schen Rechts, daß umgekehrt die gleiche Befugnis den Gerichten 
nicht zusteht. Die Erhebung erfolgt durch schriftliche Erklärung 
und hemmt das weitere gerichtliche Verfahren. Niemals können 
jedoch rechtskräftige richterliche Urteile durch die Erhebung des 
Kompetenzkonflikts aufgehoben werden. Auch ist nach dem Gesetze 
vom 22. Mai 1902 die Erhebung unzulässig, wenn die Sache 
bereits vor dem Reichsgerichte schwebt. 
Der negative Konflikt setzt dagegen umgekehrt eine rechts-
	        
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