Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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waren, und die er später wieder preisgegeben hat, aber auch alle 
höheren, bisher von der Kirche gepflegten Kulturaufgaben. Auf diesem 
Boden erwuchsen die neumärkische Kirchenordnung von 1537, die kur- 
märkische von 1540 und nach dem Übergange zum strengen Luthertum 
unter der ständischen Reaktion die Konsistorialordnung von 1573. 
Der Übertritt Johann Sigismunds zum reformierten Bekennt- 
nisse (1613) führte, da das Land dem Vorbilde nicht folgte, viel- 
mehr in dem Landtagsreverse von 1615 der Fortbestand der 
lutherischen Landeskirche gewährleistet werden mußte, zum Neben- 
einanderbestehen verschiedener Kirchen innerhalb desselben 
Staates und seiner Verwaltung. Die Gesetzgebung in Glaubens- 
sachen hörte damit auf. Das wurde im westfälischen Frieden 
reichsrechtlich gewährleistet durch Einführung des Normaljahres 
von 1624, dem entgegen der Landesherr den Religionszustand 
seines Landes nicht zu ändern, nur innerhalb der reichsrechtlich 
anerkannten Konfessionen für sich Duldung beanspruchen, sie andern 
gewähren konnte. Auch die Reformierten wurden jetzt als Augs- 
burgische Konfessionsverwandte anerkannt. 
Damit war auch für Brandenburg-Preußen für ein Jahr- 
hundert das Verhältnis von Staat und Kirche bestimmt. Es war 
ein protestantischer Staat mit Gleichberechtigung von Lutheranern 
und Reformierten, deren Glaubensstand sich nunmehr ohne weiteres 
Eingreifen der Staatsgewalt dauernd nach den beiderseitigen Be- 
kenntnisschriften festgestellt hatte. Beide standen unter der staat- 
lichen Verwaltung des landesherrlichen Kirchenregiments, das sich 
unter dem großen Kurfürsten auch in Kleve-Mark gegenüber der 
dortigen ursprünglich rein synodalen Verfassung durchsetzte. Es 
war auch das Verwaltungsgebiet, auf dem der Territorialismus 
sich am zähesten behauptete. Erst 1713 konnte die Realunion für 
die Reformierten außerhalb von Kleve-Mark und erst unter Friedrich 
dem Großen allgemein auch für die Lutheraner durchgeführt werden. 
Die wenigen Katholiken konnte die Kirchenpolitik ignorieren. Im 
allgemeinen betrachtete sich der Landesherr als Bischof auch der 
Katholiken, gestattete ihnen aber da, wo der katholische Kultus er- 
laubt war, sich wegen Befriedigung geistlicher Bedürfnisse an aus- 
wärtige Bischöfe zu wenden.
	        
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