Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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gelegenheiten. Als völkerrechtliche Persönlichkeit kann es inter- 
nationale Rechtsakte jeder Art vornehmen, Krieg erklären, Frieden 
schließen, Bündnisse und sonstige Verträge mit fremden Mächten 
errichten. Daß sich die Verträge mit fremden Mächten innerhalb 
der Zuständigkeit des Reiches überhaupt halten müssen, ist keine 
Beschränkung der völkerrechtlichen Persönlichkeit, sondern eine innere 
staatsrechtliche Schranke. Denn das Reich könnte sich im Wege 
der Verfassungsänderung jederzeit darüber hinwegsetzen. Ebenso hat 
das Reich die Mittel für den völkerrechtlichen Verkehr in seinen 
Organen, vollem aktiven wie passiven Gesandtschafts= und Konsular- 
rechte. Für die gesamte auswärtige Verwaltung des Reiches wird 
der Einzelstaat in keiner Weise in Anspruch genommen. 
Demgegenüber erscheint die auswärtige Verwaltung des Einzel- 
staates als ein Torso. Die Möglichkeit der Kriegserklärung, des 
Friedensschlusses, der Eingehung politischer Bündnisse, des Abschlusses 
von Zoll= und Handels-, von Post= und Telegraphenverträgen ist 
ihm gänzlich entzogen. Über allen seinen andern Verträgen schwebt 
das Damoklesschwert der Vernichtung, wenn das Reich innerhalb 
seiner Zuständigkeit oder unter deren verfassungsmäßiger Er- 
weiterung entsprechende Verträge abschließen und damit die des 
Einzelstaates außer Kraft setzen sollte. Darin liegt nicht nur eine 
staatsrechtliche Schranke, sondern eine Beschränkung der völkerrecht- 
lichen Handlungsfähigkeit selbst, da der fremde Staat mit dem 
deutschen Einzelstaate nur innerhalb der diesem durch das Reichs- 
recht gezogenen Schranken in Verkehr treten kann. Und von den 
Organen des völkerrechtlichen Verkehrs steht dem Einzelstaate zwar 
das volle aktive und passive Gesandtschaftsrecht, wenn auch in 
politischer Bedeutungslosigkeit, zur Verfügung, doch das aktive 
Konsularrecht ist ihm im Auslande entzogen (vgl. im übrigen § 7). 
Das ist keine entwickelte auswärtige Hoheit mehr, sondern nur 
trümmerhafte Ruine einer solchen. 
Nur im Verhältnisse Preußens zum Reiche steht die aus- 
wärtige Verwaltung von Gliedstaat und Gesamtstaat in engerer 
Verbindung, so daß beide, sich wechselseitig ergänzend, als orga- 
nische Einheit erscheinen. Doch ist das nicht eine verfassungs- 
mäßige Ergänzung beider, sondern ein jederzeit lösbares Vertrags-
	        
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