Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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wechselseitige Willensübereinstimmung der Vertragschließenden unter 
diesen subjektive Rechte und Verbindlichkeiten. Von andern Ver- 
trägen unterscheiden sie sich dadurch, daß die vertragschließenden 
Personen Staaten sind, Staatsverträge also auf völkerrechtlicher 
Grundlage ruhen. Durch den Staatsvertrag werden kraft Willens- 
übereinstimmung der vertragschließenden Staaten unter diesen 
Rechte und Verbindlichkeiten begründet. Eine staatsrechtliche Be- 
deutung hat der Staatsvertrag an sich gar nicht. Insbesondere 
werden die Untertanen der vertragschließenden Staaten durch ihn 
rechtlich nicht berührt. Denn für die Untertanen wirken ver- 
flichtend nur die Anordnungen ihrer Staatsgewalt. 
Wohl aber kann die Erfüllung des Vertrages es für den 
Staat notwendig machen, entsprechende Anordnungen an seine 
Untertanen zu erlassen. Für solche Anordnungen ist der Vertrag 
staatsrechtlich nur Beweggrund, die Anordnung allein wirkt staats- 
rechtlich verpflichtend. 
Schwierigkeiten entstehen nur in dem Falle, daß der Erlaß 
der Anordnung zur Erfüllung des Vertrages in das Gebiet der 
Gesetzgebung fällt. 
Unter der absoluten Monarchie gestaltete sich das Verhältnis 
höchst einfach. Der Monarch schloß, als die völkerrechtliche Ver- 
körperung seiner Staatsgewalt, die Verträge. Er war aber auch. 
nach innen absoluter Gesetzgeber. Machte also die Erfüllung des. 
Vertrages Gesetze notwendig, so wurde einfach der Vertrag in der 
Gesetzsammlung abgedruckt. Das hieß, die Untertanen sollten sich 
nach dem Inhalte des Vertrages als an sie ergangenen Gesetzen 
ihrer Staatsgewalt richten. Freilich entstand daraus die ver- 
wirrende Anschauung, als ob der Vertrag für die Untertanen ver- 
pflichtend wäre. 
In einem konstitutionellen Staatswesen mußte in diesem 
Falle den gesetzgebenden Körperschaften eine entsprechende Vorlage- 
gemacht werden, für die der Staatsvertrag lediglich die Bedeutung 
einer Begründung hat. 
Demgemäß verfährt man in England. Der König schließt. 
die völkerrechtlichen Verträge ab. Macht aber ihre Ausführung, 
Maßnahmen der Gesetzgebung erforderlich, so# wird dem Parlamente
	        
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