Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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die Gesetze erläßt, sie auch selbst durchführt. Sehr weit reicht 
das Gebiet der Reichsgesetzgebung. Doch die Verwaltung des 
Reiches ist meist nur eine obere und geht nur selten weiter 
nach unten herab. Die Durchführung in Ausführungsgesetzen, 
Verordnungen und im alltäglichen Getriebe der Verwaltung bleibt 
meist den Einzelstaaten überlassen. Nur in der wechselseitigen Er- 
Länzung und Durchdringung der beiden Staatsgewalten verkörpert 
sich für den Deutschen die Tätigkeit des Staates schlechthin. Doch 
das Verhältnis der beiden Staatsgewalten ist sehr verschieden auf 
den einzelnen Gebieten der Verwaltung. « 
Auf dem Gebiete des Auswärtigen hat nach Art. 11 RV. 
das Reich die volle völkerrechtliche Persönlichkeit, ohne daß diese 
wie es die Reichsverfassung von 1849 wollte, den Einzelstaaten 
entzogen wäre. Zwischen beiden findet ein Wettbewerb statt hin- 
sichtlich der völkerrechtlichen Vertretung und der völkerrechtlichen 
Rechtsakte. Die Vertretung ist gesandtschaftlich oder konsular. Das 
Reich hat das aktive und passive Gesandtschaftsrecht, aber auch das 
der Einzelstaaten besteht rechtlich ungemindert fort, ist aber im Ab- 
sterben begriffen. Preußen macht von seinem Gesandtschaftsrechte 
nur noch Gebrauch gegenüber den anderen deutschen Staaten und 
dem Vatikan. Konsuln in das Ausland senden kann nur das 
Reich, fremden Konsuln des Exequatur erteilen das Reich wie für 
sein Gebiet der Einzelstàdat. Konsuln eines deutschen Staates im 
Gebiete des anderen sind möglich, aber angesichts des gemeinsamen 
Indigenats nach Art. 3 RV. ohne praktische Bedeutung. Von 
völkerrechtlichen Rechtsakten sind einige dem Reiche ausschließlich 
vorbehalten: Kriegserklärung, Friedensschluß und die Eingehung 
politischer Bündnisse, weil das Reich allein über die bewaffnete 
Macht zu kriegerischen Zwecken verfügen kann, Zoll- und Handels- 
verträge wegen des einheitlichen Zollgebietes und Post= und Tele- 
graphenverträge nach Art. 52 RV. vorbehaltlich des bayrisch-würt- 
tembergischen Sonderrechts. Im übrigen kann das Reich, soweit 
seine Zuständigkeit reicht, auch Verträge schließen. Doch soweit 
es dies nicht tut, bleibt die Befugnis den Einzelstaaten. Endlich 
Außerhalb der Reichszuständigkeiten haben allein die Einzelstaaten 
das Vertragsrecht.
	        
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